Archive for März, 2010

Via Comicguide, Ulrich Wick:

Wie einigen vielleicht bekannt ist, hat der BASTEI-Verlag seinen Verlagssitz von Bergisch Gladbach nach Köln verlegt. Am vergangenen Donnerstag war die „Housewarming-Party“, zu der Martin Hilland und ich eingeladen waren und zu der es in der nächsten Klubzeitung der BASTEI-Freunde auch einen Bericht mit Fotos geben wird.

In diesem Zusammenhang wurde das Comic-Archiv komplett in den Schredder befördert. Das heißt, nicht ganz. Alles im Zusammenhang mit SILBERPFEIL habe ich retten können, insbesondere die Druckfilme, denn hier brauche ich ja die Schwarzfilme als Vorlage.

Mehr dazu hier.

Unter heutigen Umständen eine absurde Entscheidung und natürlich eine Tragödie. Zwar betrifft die Vernichtungsaktion in erster Linie dritt- und viertklassiges Material (meist billig preiswert produzierte Comics zu TV-Serien, häufig exklusiv für Bastei hergestelltes Material etwa zu Heidi oder Biene Maja). Aber auch vereinzelte deutschsprachige Ausgaben von Marvel-Comics wie Ghost Rider oder Obskuritäten wie die in Eigenregie nur für Deutschland produzierten Lucky Luke-Comics von Peter Menningen und dem Studio Ortega haben vermutlich dran glauben müssen.

Comichistorisch am interessantesten von allen Bastei-Serien ist vermutlich die Felix-Serie. Die von Pat Sullivan nach der gleichnamigen Trickfilmreihe ab den 1920er Jahren gestalteten Comics gelten als surreale Klassiker. Als das amerikanische Material aufgebraucht war, ließ der Bastei-Verlag auch hier neue Geschichten exklusiv produzieren. Das von 1958 bis 1981 publizierte Felix-Heft zählt zu den langlebigsten und umfangreichsten deutschen Comicreihen.

Betroffen sind dem Vernehmen nach nicht nur archivierte Hefte, sondern auch alle Druckvorlagen, was zukünftige Reprints massiv erschweren wird. Dabei gewinnen gerade diese Reprints in Form von Luxusausgaben in der deutschen Comiclandschaft an Bedeutung – Nostalgie ist in einer sichtlich alternden Gesellschaft ein wichtiger Wirtschaftsfaktor.

Ein Überblick über sämtliche Bastei-Comicserien findet sich hier.

Es ist nicht gut, auf zu vielen Hochzeiten zu tanzen, jedenfalls nicht in der öffentlichen Wahrnehmung. Das Publikum weiß dann offenbar nicht, in welche Schublade es den Tänzer stecken soll.

Vielleicht ist das der Grund, weshalb Levin Kurio noch nicht die Meriten für seine Verdienste um die deutsche Comiclandschaft erhalten hat, die er verdient.

Levin Kurio steht immer ein wenig außen vor, und das nicht nur, weil sein Verlag, Weissblech Comics, in Raisdorf sitzt, einem Kaff in Schleswig-Holstein, das ohne Google-Maps vermutlich völlig von der Welt vergessen wäre. Wer macht denn schon Comics in der Provinz? Richtige deutsche Comics kommen aus Hamburg oder Berlin, zur Not auch aus Stuttgart oder Köln, und wenn sie mal aus Bielefeld kommen, dann ist das schon ein mittleres Wunder.

Aber Kurios Comics sind holsteinischer Provinz-Provenienz, und sie wären nicht halb so gut, wenn sie woanders her wären. Sicher weiß Kurio das besser als ich, aber ich wage zu behaupten: ohne diese Abgeschnittenheit von den Trends der Comicszene hätte das Talent des Erzählers, sämtliche Genreregeln und vor allem die von Publikum und Fachhandel so beliebten Genregrenzen ignorierend, niemals in der Form aufblühen können. Grade Kurios Frühwerke, veröffentlicht unter dem vielsagenden Titel Koma Comix, kümmern sich einen Scheißdreck um die Erwartungshaltung des Lesers. Und das ist gut so. (mehr …)