Er hat fünftausend Titelbilder gemalt, dazu tausende von Illustrationen gezeichnet. Johnny Bruck, jahrzehntelang Titelbildkünstler der Weltraumserie „Perry Rhodan“ war der produktivste Maler der Nachkriegszeit. Er hat die Vorstellung der Deutschen von Science-Fiction geprägt wie kein zweiter. Ein Buch würdigt sein Schaffen.

So sah die Zukunft der Sechzigerjahre aus: ein einsam trampender Alien am Rand einer staubigen Landstraße. Ein martialischer Donald Duck, der ein Raumschiff bewacht. Ein Braunbär, der einen Tentakel-Alien zerfleischen will. Und immer wieder: explodierende Raumschiffe, Stampede-laufende Dinosaurier und grimmige Männer, die mit ihrer Strahlerkanone das Chaos in Schach zu halten versuchen.

Jedenfalls auf den Covern der Heftserie „Perry Rhodan“. Wöchentlich seit 1961 erscheinen die Kurzromane, die in durchgängiger Handlung den Lebens- und Leidensweg des unsterblichen Kosmonauten Perry Rhodan in ferner Zukunft schildern. Im Sommer dieses Jahres wird die 2.700erste Ausgabe erscheinen, verfasst von Bestseller-Autor Andreas Eschbach.

Der Mann, der Rhodans Zukunft ab Heft 1 illustrierte, hiess Johnny Bruck. Er war der produktivste Maler und Illustrator der Nachkriegszeit. Mehr als 5.000 Titelbilder hat er gemalt, davon fast 1.800 für „Perry Rhodan“. Geboren 1921 als Herbert Bruck in Halle an der Saale, diente er im Zweiten Weltkrieg in der Marine, wurde wegen Desertation zum Tode verurteilt und nur durch die Kapitulation des Deutschen Reichs gerettet.

Nach dem Krieg illustrierte er Western, Seefahrer- und Kriegsromane. Als in den späten Fünfzigerjahren die Science-Fiction-Welle in der alten Bundesrepublik zu rollen begann, machte er auch dafür Titelbilder. Zentrum der Bilder waren meist kernige Männer mit grimmigem Blick. Nur die Utensilien wandelten sich, Peitsche, Pistole oder Strahler, Raumschiffs- oder U-Boot-Schotte.

Nicht alles von Bruck selbst erdacht. Für die Gestaltung seiner Figuren bediente er sich bei aktuellen Stars. Perry Rhodan sah aus wie der Ozeanflieger Charles Lindbergh. Paul Newman, John Wayne und John Lennon lassen sich neben vielen anderen auf den Titelbildern, oft nur minimal verfremdet, nachweisen. FBI-Begründer J. Edgar Hoover wurde zum bösen Sterndiktator.

Als Vorlage dienten Titelbilder und Illustrationen diverser US-Magazine. „Man’s Magazine“, ein amerikanisches Macho-Blatt, kommt besonders oft zum Einsatz. Ebenso lassen sich Spuren amerikanischer Science-Fiction-Hefte oder von Comicstrips wie „Prinz Eisenherz“ in Brucks Bildern finden. Bruck übernimmt Details, manchmal ganze Bildkompositionen.

Er musste so arbeiten, denn die Bezahlung war schlecht. Hundert Mark bekam er in den frühen Sechzigerjahren für ein Titelbild, zwanzig Mark für bis zu fünf zusätzliche Illustrationen, schwarz-weiß in Tusche auszuführen.

Die Not machte ihn zum Fließbandmaler. Zwei bis drei Titelbilder gestaltete er pro Woche. Vor allem für „Perry Rhodan“ und dessen ausuferndes Imperium an Nebenprodukten. Weil diese Titel Erfolg hatten, wurden sie dauernd nachgedruckt. Dadurch war Bruck in den frühen Achtzigerjahren, dem kommerziellen Höhepunkt der Serie, wöchentlich mit bis zu zehn Titelbildern am Kiosk vertreten.

Der omnipräsente Bruck hat das Bild der Science-Fiction in Deutschland geprägt wie kein zweiter. Er war Meister darin, immer neue fremdartige Landschaften zu entwerfen, bizarre Aliens, Tiere, detailreich und anatomisch korrekt. Wenn er gut im Schwung war, barsten seine futuristischen Landschaften vor Leben und Bewegung. Seine Weltraumgegenden besaßen eine Tiefe und Plastizität, die in scharfem Kontrast zum milimeterdünnen Umfang der Hefte standen, auf denen sie erschienen.

Gewürdigt wurde Bruck für seine Leistung kaum. In den Achtzigerjahren erschien ein inzwischen längst vergriffener Bildband. Als Bruck 1995 an den Folgen eines Unfalls starb, hatte die Gesamtauflage der „Rhodan“-Serie längst die Milliardengrenze überschritten. Alle mit seinen Covern.

Mit dem Bild-Text-Band „Perry Rhodan-Illustrator Johnny Bruck“ erschien jetzt tatsächlich die erste umfangreiche Würdigung des hyperproduktiven Malers. Autor Frank Gerigk stellt darin nicht nur ausgewählte Titelbilder vor. In akribischer Fleißarbeit hat er die Quellen für die Cover versammelt, stellt Original und Zitat nebeneinander und verweist auf wiederkehrende Elemente und Marotten in Brucks Schaffen. Der Band, leider mit Schwerpunkt auf Brucks frühem Schaffen, lädt ein, den eigenwilligen Weltraum eines unterschätzten Künstlers zu erkunden.


Umfangreiche Bruck-Gallerie in der Perrypedia.


Manuskriptfassung, veröffentlicht leicht gekürzt auf SPIEGEL-Online.

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