Mädchencomics! Raina Telgemeier erzählt über kaputte Zähne – und macht daraus einen der schönsten autobiografischen Comics überhaupt. Sarah Burrini erzählt von Ponys und Jungs, aber so absurd und aberwitzig, dass es eine Freude ist.

Kaputte Zähne sind vermutlich das zweitunansprechendste Thema für einen Comic – oder für irgendeine Erzählung – nach Blasenschwäche. Dass Raina Telgemeier daraus einen bezaubernden Comic gemacht hat, ist so ein Wunder wie der Comic selbst.

„Smile“ erschien ursprünglich als autobiografische Fortsetzungsgeschichte online. Vorher hatte Telgemeier nur an kürzeren Comics gearbeitet. Die wöchentlichen Episoden erschienen parallel zu ihrer Adaption der in den USA äußerst bekannten Romanserie um den „Babysitters Club“ – ein reines Auftragswerk, das aber ebenso wie „Smile“ vom für die Zeichnerin typischen lockeren und reduzierten Zeichenstil lebt.

Ohne den wäre „Smile“ nur die halbe Freude. Der Comic ist kein Drama, trotz der nicht sehr angenehmen Ausganssituation: die zwölfjährige Raina muss aufgrund einer äußerst komplexen Zahnstellung jahrelang Spangen tragen und Operationen durchstehen.

Das ist, natürlich, ein Kampf. Einerseits gegen die Angst vor dem Zahnarzt. Die jahrelangen häufigen Arzt- und Klinikbesuche sind fast schon ritualisiertes Muster in Rainas Leben.

Andererseits um das Selbstbewußtsein, nicht nur als Außenseiterin mit der komischen Zahnspange und dem seltsamen Zeug im Mund wahrgenommen zu werden. Telgemeier inszeniert grade diesen Teil ihrer Jugend, den Umgang mit Freunden und Klassenkameraden, die erste Verliebtheit und eben grade die Unsicherheit beim Schwärmen für Jungs angesichts ihrer Spange, als leichte entspannte Komödie.

Slpastickelemente lockern die Geschichte auf, die andernfalls, etwa bei den minutiös geschilderten Operationssequenzen, unerträglich wäre. Sie prägen auch die Schilderung des Schulalltags, die liebevoll übertriebene Darstellung ihrer Mitschüler und nicht zuletzt von Rainas eigenem Gemütszustand.

Wenn das ein Mädchencomic ist, warum können dann nicht alle Mädchencomics so sein? „Smile“ ist das positive Beispiel eines der wenigen autobiografischen Comics, die nicht aus der Warte von Verlust, Trauer oder Angst geschrieben werden, die keine Neurosen zum Inhalt haben und den Leser am Schluss nicht mit rätselhaften Botschaften über das Sein überfrachten.

Es ist, ganz wie der Titel es sagt, ein fröhliches, optimistisches, lockeres und leicht zu lesendes Buch. Absolut wundervoll.

Genauso übrigens wie Sarah Burrinis „Das Leben ist kein Ponyhof“. Grafisch ist sie Raina Telgemeier durchaus verwandt in der Lockerheit des Strichs und der Aufgeräumtheit der Bilder. Und inhaltlich — ach, natürlich ist das auch ein Mädchencomic mit seinen Themen wie Sorgen um die eigene Figur, süßen Jungs und süßen Ponys.

Aber was für einer! In zunehmend immer absurderen Storylines (jawollja: zynische Pilze, Mafiaponys, Höllendimensionen) hat sich der wöchentliche Webstrip längst von quasi-autobiografischen Anfängen in Höhen des reinen Aberwitzes geschraubt. Alltagsprobleme mischen sich mit Actionfantasien und nerdigen Problemen wie dem, wo das nächste WLAN ist.

Die Unvorhersehbarkeit des Geschehens macht neben dem charmant-bekloppten Figurenpersonal den größten Reiz der Geschichten aus. Längst überschreitet der Strip alle Genre- und Gendergrenzen und ist wohl auch deshalb so erfolgreich.

Der zweite Sammelband mit Onlinefolgen ist gerade erschienen, und schlecht daran ist nur, dass es bis zum nächsten Buch wohl wieder zwei Jahre dauern wird.

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Smile: Panini Comics, 224 S.; € 12,99
Das Leben ist kein Ponyhof, Band 2: Zwerchfell, 96 S.; € 15,00

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