Marvel NOW – das soll ein Neustart des Marvel-Superhelden-Universums sein, aber sanfter als bei den Kollegen von DC, die da recht ruppig vorgingen. Man könnte auch sagen: es bleibt alles gleich. Oder doch nicht? Ein kurzer Abriß, Teil zwei.

Matt Fraction/ Marc Bagley
Fantastic Four

Die Fantastic Four waren in den letzten Jahren bei Marvel, was Superman bei DC Comics ist: ein tolles Pulp-Konzept, das zu Unrecht ganz im Schatten seines eigenen schlechten Rufes stand. Versuche, sie da rauszuholen, scheiterten entweder an einem Zuwenig an Plot (Mark Millar) oder einem Zuviel an Continuity (Jonathan Hickman). Das letzte Mal, dass die „Fantastic Four“ wirklich strahlten, dürfte dreissig Jahre her sein.

Matt Fraction solls richten, der hat zuvor immerhin schon „Iron Man“ wieder hinbekommen. Kann er das?

Die Antwort könnte „Ja“ lauten – wenn man die Existenz einer Fernsehserie namens „Doctor Who“ ignoriert.

Denn ganz ehrlich, Fractions Konzept, die mutierte Kleinfamilie samt Anhang in einem etwas holprigen Zeitschiff auf Zeitreise zu schicken ist nicht die einzige Referenz an die britische Serie, die sich aktuell durch ein gewaltiges und aktives Fandom auszeichnet. Ganz ähnlich gestrickt ist die Abfolge aus Zeitreise- und Weltraumabenteuern, aus Technobabble, aus allerlei Unfug, den die Zeitreisenden miteinander und mit anderen treiben.

Und Familienoberhaupt Reed Richards nennen sie „Doktor“.

Läßt man die Frage beiseite, ob die „Fantastic Four“ unter Fractions Autorenschaft damit Hommage oder gradeheraus Plagiat sind, bleibt immerhin ein spaßiges Timey-Wimey-Ding, das wohl auf einen größeren Meta-Plot hinausläuft. Und vielleicht schafft es Fraction damit ja sogar, aus dem Schatten der britischen Serie zu treten und die Serie endlich wieder aus sich heraus strahlen zu lassen. Verdient hätte sie es.

48 S.; € 4,99

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Diverse
Iron Man/ Hulk

Ach je.

Gut, Greg Land war als Comiczeichner noch nie ernstzunehmen. Seinen – vorsichtig formuliert – fotoinspirierten Zeichnungen ist jede Dynamik fremd, Gestik und Mimik passen in den seltensten Fällen zum Geschilderten und Hintergründe finden praktisch nicht statt.

Haken wir also „Iron Man“ ab.

Leinil Yu immerhin war mal ein Zeichner mit Potential. Das Chaos, daß er im „Hulk“ unrichtet, ist freilich unappetitlich.Wirres Seitendesign, in keinerlei grafischer Beziehung zueinander stehende Figuren…

Schade drum. „Iron Man“ ist sicher die aktuell vielversprechendste Figur der Marvel-Comics, und Hulk… Hulk ist eben Hulk. Aber so, wie das hier läuft, wo die Übersetzung das Beste am ganzen Heft ist – so läuft das nicht. Enttäuschend.

48 S.; € 4,99

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Diverse
Wolverine/ Deadpool

Natürlich ließe sich darüber reden, wie dieses Heft von Paul Cornell geschrieben wurde, der einige der besten „Doctor Who“-Episoden und einige der uninteressantesten Superman-Comics der letzten Jahre verfasst hat.

Wie Alan Davis als Zeichner zeigt, wo der Hammer hängt, indem er Actionsequenzen mit einem starken Gefühl für den Raum inszeniert, statt sich wie viele seiner Kollegen auf unidentifizierbare Nahaufnahmen zu beschränken.

Daß Brian Posehn, der in den Staaten als Comedian bekannter ist als hier, wo man ihn höchstens als schwulen Dicken aus „The Sarah Silverman Programme“ kennt, Deadpool endlich endlich aus den Untiefen pubertären Splatterhumors erhebt, indem er eine gesunde sarkastische Politsatire schreibt.

Und Tony Moore („The Walking Dead“) ist eh über jeden Zweifel erhaben.

Darüber ließe sich reden.

Aber wißt ihr, was das eigentlich Tolle an diesem Heft ist? Daß es sich nicht so gnadenlos an irgendwelche Film- oder Serienvorbilder ranzwanzt wie fast alle anderen Marvel-Hefte derzeit. Ein Comic von eigenen Gnaden. Das sollte man genießen, solange es noch geht.

48 S.; € 4,99

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