Sex und Tod sind die zwei Kernthemen des Erzählens. Kein Sex, viel Tod: Katharina Greve widmet sich in „Hotel Hades“ dem Nachleben, vor allem in der Unterwelt. Das Jenseits ist grau – dieser Comic ist es nicht.

Das jenseitige Leben, das wissen wir spätestens seit Wenders‘ „Himmel über Berlin“, ist schwarz-weiss, ohne anständigen Kaffee und Zigaretten – also ein bißchen wie die DDR.

Katharina Greve, trotz diverser Comicarbeiten doch vor allem als Cartoonistin hervorgetreten, treibt die Metapher noch ein Stück weiter. Ihr Jenseits ist, auch wenn es nie so benannt wird, letztlich das alte Ostdeutschland. Ein bürokratischer, diktatorischer, scheinbar nie endenwollender und dennoch immer gleicher Ort, grau in grau und keiner kommt raus.

Greves Protagonisten sind drei Mordopfer, die, Ironie der Geschichte, lediglich aufgrund einer Verwechslung starben. Florian erschwindelt sich einen Platz im paradiesen Teil des Jenseits, für dessen Verköstigung und Entertainment sich alle anderen Verstorbenen abrackern müssen, sofern sie nicht in Demenzheime zum endlosen Durchvegetieren abgeschoben werden.

Martha, die Schriftstellerin, muss ewig ihre alten Manuskripte bearbeiten, und Peter wird zum Kartoffelschälen verdonnert. Selbst dieses relative Glück – besser Pommes als Hades – erweist sich angesichts der Unmöglichkeit, irgendeine Art von Leben zu führen, als Hölle an der Friteuse: es gibt kein richtiges Leben im Todsein.

Schlaf ist nicht, Fernsehen und Bücher existieren nicht und in der verwirrenden Weitläufigkeit der Hölle ist es illusorisch, Freundschaften zu knüpfen.

Greves grafische Anmutung für diesen Comic ist reduziert, sichtlich von der ligne claire inspiriert, nur noch trockener. Freilich ist ihre Hölle auch kein Pandämonium, sondern eher eine Mischung aus Finanzamt und Altersheim, lebenssprühend wie ersteres, abwechslungsreich wie letzteres – oder andersherum.

Nur gelegentlich schleichen sich Farben in die sonst ganz in Graustufen gehaltene Ödnis. Das ist, wenn Peter den das Luxusjenseits geniessenden Florian becatern muss. In diesem Teil des Jenseits ist das Buch am schlechtesten. Da schiessen Mutter Theresa und Steve Jobs mit Pfeilen auf Würste, und Gandhi plauscht mit der Queen – gewollter Humor, der dem Buch wohl einen politischen Drall geben soll, aber ansonsten eher verkrampft wirkt.

Nein, die besseren, die starken Teile des Buches sind fraglos die quälend routinierten Unlebensläufe von Greves Protagonisten und die Entwicklung eines in sich selbst verblüffend schlüssigen, nichtsdestotrotz höllischen Alltags im unteren Teil des Jenseits.

Am Ende gibt es wenigstens eine Art Gerechtigkeit im Ungerechten. Das macht die drei zufälligen Toten auch nicht wieder lebendig. Führt die Idee vom Tod als großen Gleichmacher aber wenigstens konsequent zu Ende – jedenfalls für alle, die nicht Gandhi oder Steve Jobs sind.

Katharina Greve: Hotel Hades
Egmont Graphic Novel, 128 S.; €19,99

3 Responses to “Hotel Hades”

  1. Leser says:

    Weiß der Rezensent vielleicht, ob die Autorin nun KatharinE oder KatharinA heißt?

  2. Stefan says:

    Wissen sie’s denn nicht? 😉 Katharina. Mit kleinem a. 😛

  3. Frank Böhmert says:

    (Stefan, im Aufmacher steht die Gute halt nach wie vor mit „e“ … vielleicht meinte Leser das?)

    HADES interessiert mich vom Thema her so gar nicht – aber ihr EIN MANN GEHT AN DIE DECKE hat mir großen Spaß gemacht. Dass der Alltag eines Fahrstuhlführers im Fernsehturm so knifflig sein kann!