Weihnachten in Comicland. Wie feiern Comicfiguren Weihnachten? Feiern sie es überhaupt? Ein kleiner Rundumblick. Zum Auftakt: die „Peanuts“, der bekannteste Comicstrip der Welt.

Eigentlich ist Weihnachten bei den Peanuts im Oktober. Denn Linus, der Poet und Theologe der Kinderbande, hat es begriffen. Die Idee, dass an Heiligabend – bzw. in Nordamerika in der Nacht vom 24. auf den 25. Dezember – ein dicker Mann durch Schornsteine kriecht, ist absurd.

Also erzählt Linus Jahr für Jahr vom Großen Kürbis, der „an Halloween ein Kürbisfeld auswählt, das ihm besonders aufrichtig erscheint… dort steigt er in die Luft und bringt allen Kindern dieser Welt Geschenke“.

Es ist nicht schwer, dahinter eine Parodie auf Weihnachten zu sehen, intelligent in seiner Anlehnung an christliche Motive – immerhin steigt der Kürbis auf, im Gegensatz zum Weihnachtsmann, der hernieder kommt – ebenso wie in der konsequent kindlichen Perspektive: der Große Kürbis bringt allen Kindern Geschenke, nicht nur den braven.

War Charles Schulz, der Mann, der die „Peanuts“ erfand und den Strip von 1950 bis 2000 täglich zeichnete, Weihnachten zuwider? Es ist immerhin anzunehmen, dass er den Kommerzrummel um das Fest nicht mochte. Schulz war ein sehr religiöser Mensch, seinen Lebtag aktiv in der freikirchlichen „Church of God“, der er jährlich zehntausende Dollar aus den Einnahmen seines Strips spendete. „Man könnte sagen, dass Gott zehn Prozent der Anteile an den ‚Peanuts‘ hält“, sagte er in einem Interview.

Dennoch war ihm, der sehr zurückgezogen lebte, jede organisierte Religion unangenehm. „Ich glaube nicht, dass Gott angebetet werden will“, erzählte er. „Wir erweisen Gott die größte Ehre, wenn wir liebevoll miteinander umgehen.“

Von Anfang an finden sich bei Schulz Seitenhiebe auf das kommerzialisierte Weihnachtsfest. „Nur noch hundert Meter bis zu Charlie Browns Haus“ steht im Strip vom 24.12. 1951, dem ersten „Peanuts“-Weihnachtsstrip überhaupt, groß auf den Gehsteigplatten. Dazu ein Pfeil, der die Richtung weist. Und am Haus ein großes Schild, „Willkommen, Weihnachtsmann“.

Wo andere Stripzeichner ihre Leser mit heimeligen Weihnachtsglückwünschen beglückten und befriedeten, drehte Schulz seinen melancholischen Sarkasmus in der Vorweihnachtszeit erst richtig auf. Endlos die Variationen der meterlangen Wunschzettel, die Sally, Charly Browns Schwester, verfasst.

Der Weihnachtsmann ist Gottersatz. Am 19. Dezember 1958 beginnt Linus einen Brief an Santa Claus mit den Worten „Lieber Allmächtiger“. Gleich 32 Socken statt nur einer hängt Sally am 24.12. 1966 auf. Und schon am 26.12.1991 fragt sie: „Weisst du, was du mir zu Weihnachten schenkst“ – gemeint ist das Fest vom nächsten Jahr.

Dass grade dieser Strip eine der heim- und tränsenseligsten Weihnachtstraditionen der US-Amerikaner begründet hat, ist eine Ironie der Geschichte. 1965 strahlt das amerikanische Fernsehen erstmals „Fröhliche Weihnachten, Charlie Brown“ aus, zugleich der erste Animationsversuch des Comicstrips.

Die Handlung – ein frustrierter Charlie Brown sucht den Sinn des Weihnachtsfestes – basiert grob auf diversen Strips der beiden Vorjahre, allerdings entschlackt um den Sarkasmus. Am Schluss tritt Linus auf die Bühne und rezitiert aus dem Buch Lukas, die Geburt Jesus. Bis heute ein sicherer Angriff auf die Trändendrüsen. Das Special hatte bei der Erstausstrahlung eine Zuschauerquote von fünfzig Prozent und wird immer noch in jeder Vorweihnachtssaison dutzende Male im US-Fernsehen wiederholt.

Schulz, der durch den Fernseherfolg endgültig zum Millionär wurde, zeichnete weiter jeden Tag in seiner kleinen Hütte vorm Haus seine Strips. Am 9. August 1976 schreibt Snoopy ein Buch über Theologie, Titel: „Könnte es sein, dass Sie sich irren?“ Und am 25. Oktober 1961 konstatiert Linus: „Ich habe gelernt, über drei Sachen nicht mit den Leuten zu reden: Politik, Religion und den Großen Kürbis.“ Was sagt uns das über Weihnachten?


Lesetips:

  • Charles Schulz: Fröhliche Weihnachten wünschen die Peanuts, Carlsen 2010, 128 S.; €5,95
    ISBN: 978-3551732187
  • Nat Gertler: Die Peanuts-Schatztruhe, Panini 2013, 64 S.; € 39,95
    ISBN: 978-3833226991
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