…sagt Yann, der Autor von „Bob Marone“. Er sollte es wissen. Marone ist die mutmaßlich erste schwule Comicfigur der frankobelgischen Comics, und dessen Zeichner Conrad zeichnet heute „Asterix“. Carlsen hat den Band neu aufgelegt. Wie ist er so?

Vor vielen Jahren gestattete ich mir in einem lang verblichenen Forum den Scherz, zu fragen, wieviel die geneigten User so im Monat für Klomatten ausgäben. Der Buchstabendreher fiel kaum einem auf, die Ergebnisse („so hundert Euro“) waren entsprechend amüsant.

Ganz ähnlich ist es bei diesem Buch. Es steht zu erwarten, dass viele Leser zunächst einmal den Unterschied kaum bemerken. „Bob Morane“ ist ein klassischer Pulp- und Comicheld aus Frankreich. „Bob Marone“ ist… anders.

Im Wortsinn. Der Marone, knollennasig, mit knubbligem Begleiter, ist nicht nur Spitzenagent gegen alle Arten von Gangstern, sondern auch schwul. Offen schwul. Er und sein Sidekick Bill Gelatine teilen Abenteuer und Bett.

Die Geschichte stammt aus den frühen Achtzigerjahren, und das ist wichtig, um das Revolutionäre daran zu verstehen. Ralf König hatte noch nichts professionell veröffentlicht. „Gay Comics“ von Howard Cruse steckte noch in den Kinderschuhen. Und im frankobelgischen Abenteuercomic hatte es noch keine einzige offen schwule Figur gegeben.

„Natürlich sind auch Asterix und Obelix schwul“, mit dem Satz zitiert Andreas Knigge im Nachwort den Autor Yann. Man kann sich vorstellen, welchen Heidenspaß es beiden macht – den einen, den Satz zu zitieren, den anderen, den Satz zu schreiben. Denn die schöne Ironie der Geschichte ist es, dass Didier Conrad, der hier den „Bob Marone“ zeichnet, der aktuelle „Asterix“-Zeichner ist.

Im Nachwort zitiert Knigge auch die Probleme, die der Stoff unter anderem deswegen hatte – und wie er abgebrochen und erst Jahre später fortgesetzt werden konnte. Dabei liegt das Hauptargument, das und wie sich die französische Comiclandschaft mit einem schwulen Helden schwertat, klar auf der Hand. „Bob Marone“ ist eine Parodie, und seine Homosexualität wurde den Verlegern wohl hauptsächlich als Satire auf die übertriebene Hetero-Maskulinität vieler französischer frauenverführender Fantasiehelden gegeben.

„Bob Marone“ ist dann auch kein Gay-Comic. Er funktioniert als Abenteuergeschichte: neben dem titelgebenden weißen Dinosaurier (eine Hommage an „King Kong“) kommen zeitreisen, militärische Schurken, Großwildjäger und seltsam vertraut erscheinende französische Kleinstädte darin vor. „Bob Marone“ macht in erster Linie wenig anderes, als sämtliche Tropen vor allem aus den Comics des Magazins „Spirou“ auf den Kopf zu stellen und durchzuschütteln.

Ein Heidenspaß! Hier leider getrübt durch die miserable Repro-Qualität des Albums. Die Farben, sowieso vor allem rot und braun, ersäufen die Seiten, manche sind kaum zu entziffern. Auch nicht schön: die Bonus-Seiten mit unveröffentlichten Sequenzen sind nicht übersetzt. Offenbar auf einem Schnürsenkel kalkuliert, wurde die alte Übersetzung des Bandes (der vor Jahren schon einmal erschien) neu eingekauft und auf weitere Bearbeitung verzichtet.

Das ist ärgerlich, wenn man kein französisch kann. Doppelt ärgerlich, weil die Sequenzen vielversprechend sind. Was mögen die Helden da an herrlichem Unfug oder vielleicht auch berührenden Bekenntnissen reden? Denn auch das ist „Bob marone“. Ein Comic, der das Gefühlsleben seiner Figuren bei aller Überdrehtheit des Geschehens ernst nimmt.

Aus den Grundzutaten entwickelte Yann später das Epos der „Helden ohne Skrupel“. Die Knollennase von Marone scheint irgendwie auf Umwegen in die Hände von Ralf König gelangt zu sein, dessen Paul ein genetischer Klon von Bob Marone sein könnte. Und Asterix und Obelix – tja, die sind dann wohl schwul.

Und das ist gut so.

Yan/ Didier Conrad/ Lucie
Bob Marone: Der weiße Dinosaurier
Carlsen Comics, 112 S.; € 19,90

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