„Boule & Bill“ war die Serie, auf die man sich verlassen konnte. Über Jahrzehnte liefen die Onepager immer irgendwo – und haben sich mehreren Generationen Comiclesern ins Gedächtnis gebrannt.

Steter Tropfen und so. „Boule & Bill“ war eine jener frankobelgischen Serien, die vor allem durch eine unglaubliche Verlässlichkeit auffielen.

Nicht nur hinsichtlich des Erscheinungsrythmus, der sich auch in Deutschland widerspiegelte, wo die Serie jahrelang fest in Kaukas „Fix & Foxi“-Heften installiert war, zumeist auf der Heftrückseite.

Mehr noch inhaltlich. Über Jahrzehnte hat Roba die Geschichten vom kleinen Jungen und seinem Hund geschrieben und gezeichnet, mit einer Ausnahme durchgängig in Form von Onepagern. Die kleinen Gags aus dem Familienleben, die sukzessive von zusätzlichem Personal, der Familie, Freunden und weiteren Haustieren, bevölkert wurde, fiel weniger durch kreative Gags auf als durch ihre grundsympathische und positive Lebenseinstellung.

Die ganze Laufzeit über spiegelte die Reihe den mittelständischen Fortschrittsoptimismus der Fünfziger- und Sechzigerjahre, den Traum von Reihenhaus und Garten und vom ersten Auto (hier eine knallrote Ente). Sogar noch, als diese Ideen zusehends veraltet erschienen, in den zynischen Achtzigerjahren, hielt Roba an seinem Konzept fest – eine verlässliche, sukzessive nostalgischer machende Insel in einem immer stürmischer werdenden Meer.

Damit hätte man es nach Robas Tod 2006 durchaus belassen können. Der Werkkanon von fast dreissig Alben war solide genug. Der Zynismus, gegen den sich Robas Werk jahrzehntelang gesträubt hat, zeigt sich in dem unbedingten Wunsch zur Fortsetzung der Figuren (nicht zuletzt vom Autor selbst) – als Wiedergänger.

Verron, lange Zeit Assistent von Roba, greift den Faden auf. Wo man es erkennen kann, hat er den Lebenshintergrund modernisiert: neue Technik, neue Autos, gegenwärtige Probleme (die sich bei ihm etwa in einer großen Demonstrationsszene spiegeln).

Leider gelingt es ihm nicht, dem modernisierten Szenario Leben einzuhauchen. Liegt es an den Gags? Die wirken im besten Falle fad, im schlechtesten sind sie kaum als solche zu erkennen.

Aber ist das wirklich die Ursache? Offenbar ist, dass Verron der Serie technisch durchaus neues Leben einhaucht. Die Seitengestaltung ist bei weitem kreativer als oft bei Roba. Der Strich feiner, wenn auch nicht unbedingt dynamischer. Grafisch scheint er gefälliger. Und schließlich waren die Pointen bei Roba oft auch nicht unbedingt sehr witzig, vieles redundant, mancher Witz weit vorhersehbar.

Was fehlt, muss ich annehmen, ist die Seele. Unter Roba war „Boule & Bill“ ein Comic über Figuren, die das Gefühl, in der besten aller Zeiten zu leben zutiefst verinnerlicht hatten. Die menschliche Wärme, mit der die Figuren (nicht nur die Menschen) untereinander agierten, war getragen von dem Gedanken, dass alles immer gut wird, jeder noch so böse Streich Erlösung erlangen kann durch den positiven Lauf der Welt.

Das ist ein Glaube, den die modernen Boule & Bill nicht haben können. Er ist nicht nur dem modernen Comic fast fremd, sondern dem Zeitgeist an sich. Wenn Verron also die alten Muster wiederholt, Strip um Strip über Streiche, Scherze und Missgeschicke, dann fehlt den Gags die zeitgeistige Verortung.

Das zeigt sich exemplarisch in dem bereits erwähnten Demonstrations-Strip. Neben moderne-typischen Schildern wie „Mehr Freiheit!“ sehen wir Bill, den Hund, mit einem Schild „Ich stehe immer auf Seiten der Metzger!“ Wie zynisch, wie niederschmettern und wie wenig komisch.

Roba/ Verron
Boule & Bill
Salleck Publications, 48 S:; € 11,00

Comments are closed.