Was ist schlimmer als alt werden? Alt werden und keiner kriegt’s mit.

Dass der Hellblazer noch existiert, dürfte für die meisten Comicfans nicht einmal ein Mysterium sein – es ist ihnen einfach nicht bewusst. Anders lassen sich die jüngsten Absatzzahlen des Traditionstitels in Nordamerika nicht mehr erklären. Grade mal 12.500 vorbestellte Hefte waren es bei der im Dezember erschienenen Jubelnummer noch …

… und vielleicht muss ich das erklären: die einzigen verfügbaren Zahlen bei nordamerikanischen Comicheften sind Hochrechnungen anhand der Vorbestellungen, die die Händler abgeben. Ob die Titel dann in den Läden vergammeln und wenn ja, wie viele, weiss niemand. Wir können aber davon ausgehen, dass ein signifikanter Teil der Hefte auf Vorrat und aus Sicherheit von den Händlern geordert wird, aber nie von einem Kunden gekauft.

Jedenfalls: 12.500 Exemplare für den gesamten nordamerikanischen Markt (USA + Kanada) – das ist nicht viel. Dabei war es ein doppeltes Jubiläum und sogar ein dreifacher Anlass: im Januar 1988 waren die ersten eigenständigen Hefte mit dem zynischen Magier John Constantine erschienen, also wurde die Figur 2008 20 Jahre alt. Ausgabe 250 erschien im Dezember als sowohl numerisches Jubiläum wie als Abschluss des Jubeljahres. Und Weihnachten war auch noch, weshalb die Ausgabe deutlich dicker und mit (nicht besonders guten) Weihnachts-Kurzgeschichten von Leuten wie Dave Gibbons (Watchmen), Brian Azzarello (100 Bullets) und China Mieville (Perdido Street Station)gefüllt war.

Also: Weihnachten und Geburtstag auf einen Tag.

Nur: genutzt hat es nichts.

Denn das wirklich Erschreckende sind nicht die 12.500 Vorbestellungen für dieses Heft. Sondern dass es nur knapp tausend Vorbestellungen mehr waren als zuletzt für die ganz normale Nummer 249 der Serie. Und dass das Jubelheft nur so viele Vorbestellungen aufholte, wie sie innerhalb des letzten Jahres verloren hat.

(Die ganzen erschreckenden Zahlen und wie Hellblazer derzeit jährlich tiefer in die Verkaufszahlenhölle sinkt, kann man in Marc-Oliver Frischs monatlicher Kolumne auf The Beat verfolgen, zuletzt hier.)

In den 80er Jahren hat Alan Moore wurde die Figur des John Constantine für seine Swamp Thing-Comics kreiert. (Moore selbst hat allerdings nie einen Beitrag zu Hellblazer geleistet, er wird auch nicht in den Credits der Hefte als Schöpfer der Figur genannt.) Vorlage für den Magier war Sting. Seit den neunziger Jahren erscheint Hellblazer unter dem Vertigo-Label der etwas erwachseneren Comic bei DC Comics. Es ist nicht nur der Titel mit den meisten Ausgaben dort, sondern auch der mit Abstand langlebigste. Vor einigen Jahren gab es eine (eher kommerziell als künstlerisch) leidlich erfolgreiche Verfilmung.

In Hellblazer #240 sinniert Constantine, warum keiner mit ihm Geburtstag feiert. Seine alten Freunde, stellt er fest, sind schon alle tot.

5 Responses to “Hell ist for blazers”

  1. LuG says:

    „Vorlage für den Magier war Sting“

    Und natürlich der gute, alte Bruce Chatwin. Einige der gespenstischsten Ideen im „Swamp Thing“-Zyklus „American Gothic“ sind direkt aus Chatwins Patagonien-Buch übernommen worden.

  2. molosovsky says:

    Danke für den Bericht. Hätte das Jubilärum sonst verpasst.

  3. Stefan says:

    Und das dir als Mieville-Fan … 😉

  4. molosovsky says:

    Ja, bei den Miéville-Fans hab ich auch gleich bescheid gegeben. Aber der Jubiläums-Band versammelt noch einige andere Leute, von denen ich ›Fan‹ bin: Delano, Gibbons und Sean Phillips (meinem persönlichen »Hellblazer«-Lieblingszeichner). — Leider hab ich die Serie nur ca. von No. 30 bis No. 150. Obwohl: vielleicht raff ich mich doch noch auf, und fang an, die fehlenden Ausgaben nachzukaufen/sammeln.

  5. Stefan Pannor » Blog Archive » Der Rest vorm Fest (05): House of Mystery says:

    […] Hell is for Blazers […]