Der erste von zwei Beitragen von mir über die Romanheftserie Die Terranauten findet sich diese Woche im Berliner Stadtmagazin zitty. Das Heft ist derzeit in Berlin so ziemlich überall und bundesweit an den Bahnhofskiosken erhältlich. Es kostet 3,20 €.

Hier das unredigierte Originalmanuskript:

Der Öko-Skywalker
In den achtziger Jahren wurde das Universum von Berlin aus regiert – und die Terranauten kämpften dagegen an. Ein Kleinverlag druckt die legendäre Pulp-Serie jetzt nach.

von Stefan Pannor

Ende der siebziger Jahre war klar: Luke Skywalker würde uns alle vor dem Bösen retten. Aber konnte er auch etwas gegen explodierende Atomkraftwerke, Arbeitslosigkeit und die weitere Vereisung des Kalten Kriegs tun? Nee.

Die Terranauten sind Ausdruck der Ängste jener Jahre, die weit über das simple Schurkentum von Star Wars hinaus gehen. 1979 gestartet, war die Science-Fiction-Heftserie zu Anfang vor allem ein Versuch, dem ungeschlagenen König der Groschenhefte Perry Rhodan etwas vom Wasser abzugraben. Gleichzeitig war es aber auch der erste deutsche Versuch, ökologische und alternative Themen großmaßstäblich in Serie zu setzen. Dabei war man thematisch von Anti-AKW- und Bürgerbewegung und von den sich grade formierenden Grünen inspiriert.

Es sollte eine Serie ohne Helden werden, „engagierte, aber keineswegs linke SF“ mit dem „Leitthema Widerstand“, wie es im Konzeptpapier zur Serie heisst. Aber einen Helden brauchte man dann doch. David terGordon, jung und blond und mit dem Nimbus eines Erlösers, will die Menschheit des 25. Jahrhunderts aus dem Joch des milchstraßenweiten Kapitalismus befreien. Viel spannender: Gordons Hauptfeind Max von Valdec. Mindestens so böse wie Darth Vader (und er hatte auch was mit Davids Mutter), steht er als Großkapitalist dem sogenannten Konzil der Konzerne vor, einem galaxisweiten turbokapitalistischen Konglomerat, und paktiert mit den faschistoiden Grauen Garden – eine Frauenarmee.

Zu allem Überfluss sitzt Valdecs futuristische Ausbeutungsmaschine auch noch in Berlin und heisst „Kaiser-Konzern“, was die Autoren immer wieder zu Spitzen verführte wie jene, dass Kaiser schon wieder die Preise erhöht habe.

Ausgedacht wurde das Konzept der Serie von Rolf Liersch und Thomas Mielke; letzterer war zuvor u.a. an der Entwicklung der Überraschungseier beteiligt gewesen und kreierte später den Slogan „Berlin tut gut“. Ein wenig wie Überraschungseier gerieten dann auch die einzelnen Hefte der Serie. Die übergreifende Handlung stellte ein fröhliches Gemisch mit Anleihen aus Star Wars und den Wüstenplanet-Romanen von Frank Herbert dar, frühgrün angehaucht. Autoren wie der spätere Perry Rhodan-Chefautor Thomas Ziegler oder der heute als Science-Fiction-Autor und Terry-Pratchett-Übersetzer bekannte Andreas Brandhorst verdienten sich hier neben einigen eher mittelmässigen Lohnschreiberlingen ihre frühen Sporen, was die Serie auch qualitativ zu einer Achterbahnfahrt machte.

Die dauerte nicht lange: 99 Hefte Terranauten erschienen innerhalb weniger Jahre, später wurden noch zwei Handvoll Taschenbücher nachgeschossen. Weitere Neuauflagen in Buchform scheiterten immer wieder an den verzwickten Autorenrechten. Die offenbar erst jetzt der Mohlberg-Verlag aufgedröselt hat. Je drei Hefte in einem Buch will der Kleinverlag die Serie nachdrucken. Dabei ist der Spass vor allem ein distanzierter: die Pulpgeschichten lassen sich recht direkt als Spiegelbild damaliger westdeutsche Befindlichkeiten lesen. Spannender als der x-te neue Aufguss von Star Wars ist das aber allemal.

Mohlberg-Verlag, je Buch ca. 250 S.; € 17,90

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