Eine der selten gewordenen Superhelden-Rezensionen – obwohl ich das Genre weiterhin mag, ist derzeit einfach nicht die hohe Zeit der Helden. Trotz Experimenten wie der Wednesday Comics verharren die allermeisten der bunten Erzählungen konservativ auf der sicheren Seite.

Nichtsdestotrotz hier der Artikel für die Leipziger Comic Combo.

Grant Morrison/ Tony Daniel: Batman R.I.P.
Brian Bendis/ Leinil Yu: Secret Invasion

Secret InvasionMan soll ja über nichts reden, was man nicht in Sack und Tüten hat. Aber was schert das DC Comics, die bereits im Frühjahr 2008 einen möglichen Tod Batmans ankündigten – „Batman R.I.P.“ sollte die Storyline heissen, die dann wenige Monate später begann.

Aber vielleicht war diese Werbetrommel auch nötig. Denn als wie unspektakulär erwies sich dann alles bei Erscheinen! Nach einer dramatischen Eröffnungsseite („Batman und Robin werden niemals sterben!“) beschränkt sich zumindest der Start der Geschichte auf ein paar harmlose Prügeleien mit viertklassigen Minischurken und auf das angekündigte Eingreifen der Superschurkentruppe „Black Glove“.

Der grosse Haken der Geschichte, wie Morrison sie zusammenbraut, ist ihre Zerfahrenheit und wie nur mit Andeutungen agiert wird: Was ist los mit Batman? Was will Black Glove? Was zur Hölle hat der Joker vor? Und warum sollte mich das interessieren? Morrison knallt in den sechs Heften Idee nach Idee raus. Aber der rote Faden – und die Knoten, an denen man sich entlang hangeln kann – fehlen.

Das sahen vermutlich auch die amerikanischen Leser so. „Batman R.I.P.“ lief erfolgreich – aber nicht halb so erfolgreich, wie man es in einem Jahr mit „The Dark Knight“ in den Kinos und einer zweiten Batmanie (die erste war anlässlich Tim Burtons erstem „Batman“-Streifen) erwarten dürfte.

Um Längen geschlagen wurde das halbgare Event von der Umsetzung einer Idee, die auch nicht übermässig kreativ ist. „Secret Invasion“ setzt als jährlicher Marvel-Blockbuster die Tradition von „Civil War“ und „World War Hulk“ fort. Prämisse diesmal: zentrale Figuren des Marvel-Kosmos wurden zum Teil bereits seit Jahren von feindlichen, körperwandelnden Skrull ersetzt, die so eine heimliche Invasion der Erde planen.

Das ist natürlich „Invasion der Körperfresser“ – aber es ist effektreich gemacht. Die Miniserie (und mehr noch die dazugehörigen Tie-Ins) durchweht ein Hauch von Paranoia, wenn keiner weiss, wer echt und wer Fälschung ist. Zum Finale baut Bendis einen Twist ein, der dem Leser endgültig den Boden unter den Füssen wegreisst.

Natürlich ist „Secret Invasion“ nicht halb so subversiv wie sein filmisches Vorbild, und Bendis neigt wie bei praktisch allem, was er in den letzten Jahren schreibt, zu unnütz aufgeblähten Schwafel- und Actionszenen. Dennoch schlägt die leicht paranoide Riesenprügelei den aufgeblähten Batman-Tod um Längen.

Batman #26: Panini Comics, 48 S.; € 4,95
Secret Invasion: Panini Comics, 48 S.; € 3,95

4 Responses to “Aktuelle Comicrezension (127): „Secret Invasion“”

  1. FrF says:

    Ich bin ein großer Fan von Grant Morrison, dem ich einige der beglückendsten Comics-Momente der letzten Jahre verdanke (Klarion The Witchboy, Manhattan Guardian und Seayguy fallen mir als Beispiele ein). Leider hat mich sein 2005 beginnender Batman-Run großteils nicht wirklich begeistern können – wobei meine Hoffnung ist, daß sich beim Wiederlesen der besagten Hefte vielleicht doch noch mein Sub-Begeisterung in Wohlgefallen auflöst. Die Prosakurzgeschichte „The Clown At Midnight“ (Batman 663) ist allerdings ein kleines Meisterwerk.

    Das nur als Präliminarien zu meinem Hauptpunkt. Das eigentliche Pendant zu „Secret Invasion“ ist nämlich die ebenfalls von Morrison geschriebene Serie Final Crisis. Batman RIP wäre dann so eine Art Unter-Event des Riesenevents FC. Leider komme ich als Fan damit vom Regen in die Traufe, denn FC hatte durchaus auch mit Schwierigkeiten zu kämpfen, so etwa einem wegen logistisch bedingter Zeichnerwechsel recht uneinheitlichen Artwork. „Final Crisis: Superman Beyond“, ein weiteres Tie-In, war glücklicherweise wieder sehr schön.

  2. Stefan says:

    Inhaltlich stehen sich sicher die „großen“ „Events“ (beides getrennt in Anführungsstriche gesetzt) gegenüber. Zeitlich waren dies jene beiden Comic-Ereignisse, die hierzulande annähernd parallel gestartet sind. Von daher bot es sich an.

    Die „Final Crisis“ hat mich vermutlich erstmal endgültig von Morrison weggebracht, nachdem ich ihn seit ca. 2000 recht gerne gelesen habe. Wirklich Fan bin ich wohl nur von Morrisons eher früher Phase, also alles bis kurz vor dem Ende der „Invisibles“. Seither hat sein narratives Vermögen in meinen Augen beständig abgenommen. Neulich habe ich erstmals sein „Dan Dare“ gelesen, und das hat mich, auch wenn es wenig innovativ war, wirklich unterhalten. Seine neueren Sachen sind dagegen oftmals verkrampft innovativ, aber wenig unterhaltsam.

  3. FrF says:

    Von meiner Warte aus waren die 2000er-Jahre sehr erfreuliche für Morrisons Werk: Seaguy, We3, Vimanarama, The Filth (besonders!), das modular angelegte Seven Soldiers und schließlich All Star Superman. Bei letzterer Serie ist allein schon die Nr. 10 ein kleines, sehr fein durchkomponiertes Meisterwerk.

    Mit ziemlicher Sicherheit sind Superhelden für Morrison mehr als nur Unterhaltung. Sie sind wohl so eine Art Metapher für das, was der Mensch durch zukünftige Technologien werden könnte, also trans- oder posthumane Wesen. (All Star Superman bringt denn auch Gentechnik ins Spiel.)

    Folgerichtig gibt es laut Verlagsankündigung nächstes Jahr ein Buch von Morrison zum Thema. Titel: „Supergods: Our World in the Age of the Superhero“. (Quelle: http://www.thebookseller.com/news/89115-cape-swoops-for-superhero.html)

  4. Oliver says:

    Danke, danke, danke! Ich bin also nicht der einzige, dem SI besser gefiel als BRIP! Danke! 😀