Etwas in Eile, der nächste Weihnachtseinkauf naht … mal wieder etwas Superheldiges: Meta-Fiktion von Mark Millar, der als Autor eine verblüffend hohe Ausfallquote zwischen seinen Meisterwerken hat.

Bei der Comic Combo findet sich der Text hier.

Mark Millar/ Tommy Lee Edwards
1985

Das goldene Zeitalter der Science Fiction, so sagt man, sei 14. Das läßt sich ohne größere Probleme auch auf Superhelden-Comics übertragen. Sich als Teenager für die eskapistischen Spandex-Soaps zu begeistern, ist durchaus normal. Mit 28 immer noch in einer Traumwelt voll bunter Kostümchen zu hausen und nur gelegentlich in die Realität vorzudringen, mindestens seltsam.

In diesem Spannungsfeld, wie ein und die selbe Sache an zwei verschiedenen Punkten eines Lebens so absolut verschieden sein kann, hockt auch der Junge Toby Goodman. Für ihn ist es absolut nichts Ungewöhnliches, dass sein geschiedener Vater mit ihm in den Comicshop geht und in einer mit Actionfiguren und Merchandising vollgestopften Bruchbude haust. Goodman sen. ist ein Kind, das nie erwachsen werden wollte: mehr als dreissig Jahre alt, hockt er immer noch in einer mit Actinfiguren und Merchandising vollgestopften Bruchbude. Für Toby ist er damit ein Idol. Seine Frau läßt ihn deshalb sitzen.

Wie man eine Geschichte über Jungs und Comics und den Lauf der Zeit clever aufbaut, hat Jonathan Lethem mit seinem epochalen und verstörenden Roman „Festung der Einsamkeit“ bewiesen. Mark Millar („Wanted“, „Civil War“) aber will gar nicht weiter stören. „1985“ (der Titel ist ein Querverweis auf das Veröffentlichungsjahr von Marvels allererstem Großcrossover „Secret War“) ist kein Blick in die Abgründe der Traummaschine Marvel.

So nimmt die Geschichte ihren vorhersehbaren Gang: Marvel-Superschurken, die ja von allen nur für Comicfiguren gehalten werden, überfallen durch ein Dimensionsportal die Welt, in der Toby und sein Vater leben. Der Einbruch des Knallbunten in die wirkliche Welt wird zu einem interdimensionalen Parforceritt, in dem Toby und Papa die Erde retten, weil natürlich nur sie wissen, wie man Magneto, Galactus, den Skrull und all die anderen besiegt.

Das sind romantisch-heoisierende Fanboyfantasien, deren Höhepunkt das jeweilige Vordringen beider Goodmans in die irreale Marvel-Welt ist. Da, so sagen schon Tommy Lee Edwards Zeichnungen, ist sowieso alles viel bunter und netter. Die wirkliche Welt dagegen ist, na klar, öde und trist, voller ungeliebter Stiefväter und Comichändler, die alle fiese Abzocker sind.

Romantik mit dem Holzhammer. Höhepunkt der Intertextualität ist hier, dass dieser Comic ebenso wie der „Secret War“ letztlich eine gigantische Klopperei gut gegen Böse ist. Wer da wohl gewinnt? Man muss 14 sein, um sich diese Frage zu stellen. (stefan pannor)

Panini Comics, 160 S.; € 16,95

One Response to “Aktuelle Comicrezension (136): ‚1985‘ von Mark Millar”

  1. Oliver L says:

    Selbst Schuld… Ohne es gelesen zu haben, hätte ich Dir sagen können, was da raus kommt… Aber Du fragst ja nie… ;-( Und ein kleiner Hinweis: „Secret War“ war von Bendis und irgendwann aus den 2000ern. 1985 gab es „Secret Wars“. 🙂