Immer wieder gibt es Versuche, dem doch schon etwas ausgeleierten Genre der Superhelden neues Blut und neue Frische zu geben. Das geht meistens schief und manchmal gut. Interessanter als die Ergebnisse sind daher häufig die Ansätze an sich. Zwei Stichproben.

Geoff Johns ist einer, der dabei vor allem mit Rückgriffen auf klassisches Material arbeitet. Seine Comics sind voll mit Querverweisen auf zum Teil über ein halbes Jahrhundert alte Geschichten. Damit ist er zum Liebling der Fanboys geworden und zum kommerziellen Schwergewicht in der US-Comicszene: in guten Monaten verkauft er allein mit seinem Namen eine halbe Million Comichefte.

Die Gefahr ist, dass diese Erzählungen hermetisch werden: für den nichtwissenden Leser undurchdringlich. So wie „Brightest Day“. Im Original eine 26teilige Serie, erscheint sie auf deutsch in sechs Paperbacks. Sie ist, da gehen die Probleme los, direkte Fortsetzung von „Blackest Night“, einem jener Großevents, in das praktisch alle Superhelden von DC-Comics involviert waren.

„Brightest Day“ wirft vor allem einen Blick auf die Nebenfiguren dieses Erzählkosmos. Vorrangig durch die Augen von „Deadman“ Boston Brand werden die Geschicke diverser Helden nach den desaströsen Ereignissen der Vorgängerreihe beleuchtet. Wobei der Titel der Serie irreführend ist: relativ zügig strickt Johns einen düsteren Actionplot, in dessen Kern es um die Rückkehr des sogenannten „Weißen Lichts“ geht.

Das würde funktionieren, wären da nicht zwei Dinge. Erstens, ohne Kenntnis, wer da eigentlich wer ist, was ihm früher widerfahren ist und wieso er jetzt so handelt, ist der Leser in der Tat verloren. Johns erklärt nicht, Johns deutet an, der Rest erschließt sich entweder aus der Wissen über Kontinuität vorheriger Superheldentitel – oder gar nicht.

Zweitens hat Johns einen Hang zum Pathos, der diverse Szenen fast unlesbar macht. „Ist dies die letzte Nacht, die wir uns küssen können, bevor der Fluch uns wieder auseinanderreisst? Ist dies die letzte Nacht, in der ich dich anblicke und sehe, dass du mich noch erkennst?“ Hoffentlich, denn dann hören diese Dialoge auf.

Deutlich trockener schon im Tonfall ist „Avengers Finale“ geraten. Ebenfalls eine Fortsetzung vorheriger Ereignisse: der Band sammelt die letzten Ausgaben diverser „Avengers“-Serien, bevor diese in den USA zum Zweck des Neustarts mit neuer Nummerierung alle gleichzeitig zum Halt gebracht wurden. Viel Verstehen kann man da ohne Vorkenntnisse nicht, muss man freilich auch nicht. Für Neuleser ist der Band jedenfalls nicht gemacht. Trotzdem ist er deutlich geglückter als Johns Continuity-Reigen.

Während die erste Hälfte des Bandes relativ kurz und schmerzlos die letzten offenen Handlungsfäden diverser vorheriger Ausgaben verknüpft (kann man überblättern), besteht die zweite Hälfte aus einer emotionalen Begräbnis-Sequenz und einem bildgewaltigen Epilog, eigentlich über weite Strecken doppelseitige Panels, die schlaglichtartig frühere Ereignisse der „Avengers“-Serien resümmieren.

Das ist wie ein Blick ins Fotoalbum, und besticht vor allem durch Atmosphäre. Nein, was genau da geschah, keine Ahnung, das will man vielleicht gar nicht wissen. Aber es liegt eine gewisse nostalgische Patina darüber, die jedem Abschluß einer langen Sache gebührt. Kurz, es ist emotional.

Und das ist der Unterschied zum Kitsch von Johns. Man wird sehen müssen, ob sich die nach dem Finale neugestarteten „Avengers“-Serien ebenso gut schlagen.

  • Brightest Day : 100 S.; € 12,95
  • Avengers Finale: 164 S.; € 16,95
  • *Wer’s nicht kennt: das ist eine Anspielung auf die Hörspielreihe „Was ist denn heut bei Findigs los“.

    One Response to “Was ist denn heut bei Superheldens los* (01)”

    1. Mueli77 says:

      Müsste das nicht „dem Wissen“ heissen? 😉 😛