„Die Zukunft beginnt von vorn“ ist der Untertitel des morgen erscheinenden ersten Bandes von „Perry Rhodan Neo“. Das ist eigentlich Humbug: nacherzählt wird hier der Anfang der „Perry Rhodan“-Serie, und der ist immerhin fünfzig Jahre her. Aber sonst: wie ist er denn so, der Neo-Perry?

„Perry Rhodan“ war eigentlich noch nie eine Zukunftsserie. Obwohl die Handlung der Hefte (inzwischen) in einer ziemlich weit entfernten Zukunft spielen, sind sie doch vor allem Ausdruck gegenwärtiger bundesdeutscher Befindlichkeiten und der Vorstellung, wie sich heutige Autoren eine eskapistische Romanserie vorstellen.

Das ist bei „Perry Rhodan Neo“ nicht anders. Kern des ersten Heftes ist eine Nacherzählung der allerersten Rhodan-Nummer von 1961. Der Form nach natürlich deutlich modernisiert: Perry Rhodan startet im Jahr 2036 zum Mond, nicht wie in der Originalserie im Jahr 1971. Nicht um den ersten Flug zum Mond geht es, sondern darum, seltsame Vorkommnise auf der Oberfläche zu erkunden.

Für diesen Haupthandlungsstrang des Heftes hält sich der Autor Frank Borsch überaus akribisch an die Handlung der originalen Erstnummer. Zieht man die diversen Modernisierungsmaßnahmen ab, bleibt nahezu der selbe Plot stehen.

Darin verwoben allerdings sind einige Nebenhandlungsstränge, die vermutlich auf kommende Ereignisse in dieser, der neuen Serie verweisen. Das gab es 1961 nicht. K.H. Scheer, Autor des ersten Heftes, ratschte Perrys Mondfahrt ziemlich gradlinig herunter. Borschs komplexere Dramaturgie verweist auf moderne Fernsehserien mit ihren verwobenen Plots und parallelen Handlungssträngen.

Es sind die schlechtesten Vorbilder nicht. Statt eines Cliffhangers hat der Leser gleich drei. Und eigentlich müsste der Roman (160 halbwegs eng bedruckte Seiten) dadurch sogar dichter wirken. Genau das tut er aber nicht.

Denn während die Dramaturgie von „Sternenstaub“ durchaus stimmig ist, die Präsentation ist es nicht. Ja, sicher, „Perry Rhodan“ ist Trivialliteratur. Allerdings war die Serie in der Vergangenheit immer eine derjenigen, deren stilistisches und sprachliches Niveau über vergleichbaren Konkurrenzprodukten lag.

Frank Borschs Präsentation der Handlung dagegen ist nicht nur pathetisch, gelegentlich schmierig, sondern vor allem eins – geschwätzig:

Er lächelte, als zerrte der schwere Raumanzug nicht wie ein Bleichgewicht an ihm, das ihn mit aller Gewalt auf der Erde zurückhalten wollte. Er lächelte, als bade er nicht in Schweiss. Er lächelte, als ginge es ihm nur um sein eigenes und das Leben seiner Crew. Er lächelte, damit keiner der Millionen Zuschauer, die weltweit und von den Tribünen am Rand des Startfelds aus ihren Marsch verfolgten, auf den Gedanken kam, dass hinter seinem Lächeln weit mehr stecken könnte (…)

Und ich bin not amused.

Auf beinahe jeder Seite finden sich vergleichbare Satzkonstrukte. Hohles, redundantes Geschwurbel, das auf mich zugegeben wirkt, als solle der Text gestreckt werden.

Trotz dreier, eigentlich sogar vierer Handlungsebenen, trotz einer Mondexpedition, einem Alienkontakt und Mutanten, trotz einer dystopischen, dicht an aktuellen Nachrichten gehaltenen komplexen Weltschilderung mit Wirtschaftskrise, Umweltproblemen und Nahost-Krisenherden, die das Hintergrundrauschen für den Plot bilden.

Da ist genug zu erzählen. Statt dessen wird es zu Tode geschrieben. Um einen Vergleich zu wählen: ein Koch weiß, das Salz das Aroma eines Gerichtes verstärkt. Aber kein Koch glaubt, dass viel Salz den Geschmack ganz doll verstärkt.

Ob nun das ist, wie man sich eine modernisierte Fassung der „Perry Rhodan“-Serie vorstellen muss, Perry in the mix 2011, das bleibt abzuwarten. Immerhin stammt auch diese Serie, so wie das Original, von verschiedenen Autoren, die jeder ihre eigene – und vielleicht bessere – Interpretation der alten Ideen in neuem Gewand liefern werden.

Für ein endgültiges Urteil ist es zu früh.

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Wer sich sein eigenes Bild machen will: ich verlose ein ungelesen Exemplar von „Perry Rhodan Neo“ #1. Einfach Mail an stefan [Klammeraffe] pannor.de mit dem Betreff „Perry Rhodan Neo“. Einsendeschluss ist der 07.10.2011.

(Disclaimer: Wer versucht, mit Mehrfachmails und ähnlichen unredlichen Methoden seine Chancen zu erhöhen, fliegt raus. Eine Gewinngarantie gibt es nicht. Jeder hat die selbe Chance. Es ist nicht nötig, die Postadresse in die Mail zu schreiben – ich frage dann beim glücklichen Gewinner nach. Ich garantiere, die Mails ausschließlich für dieses Gewinnspiel zu verwenden und danach zu löschen.)

„Perry Rhodan Neo“ erscheint ab 30.09. 2011 vierzehntäglich am Kiosk, 160 Seiten für 3,90 EUR.

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PS: Der Kollege von der Stuttgarter Zeitung – der auch Comics mag – kommt zu noch radikaleren und unterhaltsamer zu lesenden Schlüssen als ich:

Das bringt mich zu einem seltsamen Schluss: dass die Rhodan-Redaktion glaubt, die Zielgruppe für „Perry Rhodan Neo“ sei jene (kleiner werdende) Gruppe, die heute noch die anderen Perry-Hefte liest. Die also mit der Heftchensprache von Vorgestern als Reminiszenz an die weit zurückliegenden Anfänge ihrer Serie gut oder jedenfalls irgendwie klarkommt. Das hieße dann, dass man auch bei Pabel-Moewig nicht mehr viel Potenzial für die Erschließung neuer Lesergruppen sieht.

Der ganze sehr unterhaltsame Verriß hier.

8 Responses to “Morgen beginnt die Zukunft von gestern von vorn. Zum Start von ‚Perry Rhodan Neo‘. (Mit Gewinnspiel!)”

  1. horst hoffmann says:

    ich könnte jetzt einiges dazu schreiben, aber die suppe ist schon versalzen genug. deshalb einfach: danke für deine zeilen. schön, nicht so ganz allein zu stehen mit seiner meinung.

  2. Stefan says:

    Lieber Horst,

    ich bin eigentlich ein Befürworter des Neo-Konzeptes. Ich glaube, dass Remixe und Coverversionen unsere Kultur bereichern können. Nur nicht in jedem Fall. Andererseits stellt auch nicht jeder Originalsong eine Bereicherung dar.

    So ist auch meine Kritik an PRN zu verstehen. Nicht als Kritik an der Idee, sondern lediglich als Kritik an der Ausführung dieses einzelnen Bandes. Den Rest… naja, wait & see, wait & see.

  3. metai says:

    Vorausgeschickt: Ich bin habe Perry-Rhodan bis jetzt nicht verfolgt, nur als Jugendlicher ein paar wenige „silberne Bände“ gelesen. Mit mittelmäßiger Begeisterung, was sicherlich daran liegt, dass ich die PR-Hintergründe nicht kannte. Darum wäre ich jetzt — mit Mitte 30 und umgeben von einer SciFi-Kultur, die sich nur noch in mittelmäßigen US-Serien auszudrücken scheint — tatsächlich froh um einen Neustart in das Perry-Rhodan-Universum, den ich mitmachen könnte.

    Was mich allerdings, abseits der schon angesprochenen Geschwätzigkeit des Texts, an der Leseprobe des ersten Romans fürchterlich stört: Die Typografie. Ist die nur in der PDF-Leseprobe so, als hätte man den Roman in Winword95 gesetzt, oder konnte sich der Verlag tatsächlich nicht einmal ein rudimentäres Layout leisten?

  4. Stefan says:

    Da bin ich überfragt. Ich habe aber in den letzten Jahren einige ganz hervorragende SF-Serien im Fernsehen gesehen… (bzw. auf Scheibe, aber aktuell).

  5. Joe P. says:

    ‎““Perry Rhodan” war eigentlich noch nie eine Zukunftsserie. Obwohl die Handlung der Hefte (inzwischen) in einer ziemlich weit entfernten Zukunft spielen, sind sie doch vor allem Ausdruck gegenwärtiger bundesdeutscher Befindlichkeiten und der Vorstellung, wie sich heutige Autoren eine eskapistische Romanserie vorstellen.“
    Das sehe ich ganz genauso, und die Lektüre von Neo 1 lässt immer mal wieder den Gedanken ‚typisch deutsch‘ hochkommen. Dennoch ist der oben zitierte Satz eine echte Leerformel: JEDER Roman ist ein Ausdruck der Befindlichkeit und der Vorstellungen des Autors über irgend etwas… oder dessen, wie er sich einen Roman über irgend etwas vorstellt. 😉
    Auch wenn es mich diesmal nicht weiter gestört hat: Der „geschwätzige“ Stil ist durchaus kritikfähig. Ich gehe aber mal davon aus, dass es Borsch-Stil ist und nicht allgemeiner Neo-Stil.

  6. Stefan Pannor » Blog Archive » Perry RhodanNeo: Details & Fakten zum Neustart der größten Science-Fiction-Serie der Welt says:

    […] Meine kritische Rezension des ersten Bandes “Perry Rhodan NEO” hier. […]

  7. Uwe says:

    Na da haben wir es mal wieder… ein Reporter der glaubt das alles geschrieben zumindest Purlitzer verdaechtig sein muss oder ansonsten Muell ist.

    Redet davon das das geschriebene ach so deutsch Beeinflusst ist…
    das PR niemals eine Zukunftsserie war weil von den realen Aengsten beeinflusst…
    und das ihm der Schreibstil des Autoren nicht gefaellt…

    Jede von einem Deutschen geschrieben Geschichte ist deutsch beeinflusst, so wie jede von einem USA-ler geschrieben USA-beeinflusst ist und so weiter. Ist es guter Journalistenstil ueber selbstverstaendliches zu schreiben und es schlecht zu machen ?

    Ebenso ist jede jetzt geschriebene Geschichte der SF von den heutigen Aengsten und Hoffnungen gepreagt, insbesondere wenn es sich um ein so komplexes und langwieriges Werk handelt, PR ist die groesstge jemals erzaehlte Geschichte ueberhaupt.

    Ihnen gefaellt der Schreibstil nicht? Als alter PR fan sage ich dazu: Drauf geschissen!
    Clark Darlton und K.H. Sheer wurden Ihrerzeit Kriegstreiberei, Imperialismus, gewaltverherrlichung und hunderte weitere Schwachsinnigkeiten vorgeworfen, incl. Rassismus… dennoch wurde die Serie der groesste Erfolg aller Zeiten.

    Ich gehe nicht davon aus das sich dieser Erfolg wiederholt in einer Zeit in der kaum noch gelesen wird und Facebook das einzige Buch ist das viele Kinder kennen, in einer Zeit in der die meisten jungen Menschen sich nicht mal mehr 5 Minuten konzentrieren koennen und/oder nach 5 Minuten Entspannung vor Langeweile sterben.

    Aber es ist ein netter Versuch und Ihr Kommentar hat mit der Realitaet ebensowenig zu tun wie eine SF Serie. Was Sie vorbringen ist keine Kritik sondern schlechtmacherei, schlechter Journalismus, Schubladendenken welches Sie selbst den Autoren nachsagen.

    Anmerkung: Ich habe KEINEN der NEOS gelesen und werde es auch nicht machen, bin aber seit mehr als 35 Jahren PR Leser.

  8. Stefan says:

    Aha.