CX 100Lange, lange hat es gedauert, bis die Jubelnummer von Deutschlands ältestem Comicmagazin erschienen ist. Wobei man bedenken muss, dass das bei weitem nicht die einhundertste Ausgabe ist. Tatsächlich gab es diverse Doppelausgaben in den letzten fünf Jahren, so dass real erst ca. 90 Hefte vorliegen dürften.

Auch sonst muss ich leider sagen: ich habe schon schönere Jubiläen gesehen. Als Titelstory findet sich eine leidlich interessante Geschichte über Conan, die zum einen dann im hinteren Heftteil versteckt wurde, zum anderen eigentlich nur Daten wiederkäut über Conans Erfinder Howard, über die Comics und Filme.

Den größten Teil des vorderen Heftes dagegen nimmt eine Reminiszenz-Strecke ein. Auf mehreren Seiten finden sich Artikel aus alten CX-Ausgaben. Nach welchem Prinzip diese ausgewählt wurden, bleibt unklar. Dennoch sind die meistendieser Arbeiten grossartig zu lesen – und machen wehmütig. Sieht man doch, wie bissig, intelligent und gegen den Strich gebürstet die Comixene einmal war. Ich persönlich würde mir viel mehr von diesem Mut und von der geleisteten Analyse und galliger Unterhaltung auch für die aktuellen Ausgaben wünschen. Zur Abrundung gibt es zwei Interviews mit zwei Ur-Machern der Comixene. Beide sind jeweils der zweite Teil der Interviews, wobei Teil eins des Interviews mit Andreas Knigge bereits über drei Jahre her ist. Besser getroffen hat es Hartmut Becker, dessen erster Teil des Interviews mit ihm erschien in Comixene 99.

Ebenfalls ein Trauerspiel sind die Rezensionen. Hier finden sich mehrere Texte von mir, daher kann ich das ganz gut vergleichen. Die von mir enthaltenen Beiträge entstanden im April, Mai und Juni. Deutlich aktueller dürfte keine der Rezensionen anderer Autoren sein.

Ebenso interessant ist, was im Heft NICHT drinsteht. So wird etwa kein Wort zur Frankfurter Buchmesse verloren oder zur Sondermann-Verleihung auf der Frankfurter Buchmesse. Auch die demnächst in den Kinos startende Verfilmung von Marjanne Satrapis Comic-Bestseller Persepolis, eines der wichtigsten Filmereignisse des Herbstes, findet in der Comixene nicht statt.

So wirkt das aktuelle Heft denn eher wie aus der Zeit gefallen, und das leider nicht wegen der 25 Jahre alten Artikel zu Beginn des Heftes, sondern ausgerechnet wegen der aktuellen resp. eben gerade nicht aktuellen Berichterstattung.

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Von mir sind im aktuellen Heft folgende Artikel enthalten:

Des Henkers langer Weg
„Kozure Okami – „Lone Wolf & Cub“: Die TV-Serie auf DVD

Okami 1Fast von Anfang an war der japanische Comicmarkt auf Mehrfachverwertung ausgerichtet. Während sich z.B. im US-Comic nach 1945 lange Zeit fast alles auf Superhelden und Comicstrips konzentrierte, die nur gelegentlich als Sammelbände, Bücher oder Filme Nachverwertungen fanden, war das japanische Augenmerk von Anfang an auf eine fast lückenlose Auswertung einer erfolgreichen Idee gerichtet.

Exklusiver Artikel, eine halbe Seite, sehr kleine Schrift.

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Außerdem folgende Kurzrezensionen, die bereits alle im Forum der Comic Combo und auf satt.org erschienen, zum Teil aber für die Comixene stark bearbeitet wurden:

52

Größtenteils vier, zeitweise aber deutlich mehr, Handlungsstränge beleuchten das komplette DC-Universum. Die Helden – vorrangig solche aus der zweiten Liga – werden in einer grossen Hatz auf Rätsel und Antworten selbst in die entferntesten Ecken des Superhelden-Imperiums geschickt…

Originalfassung hier.

Kurt Busiek & Brent Anderson
Astro City – Der gefallene Engel

Autor Kurt Busiek und sein Zeichnerpartner Brent Anderson drehen in dieser Geschichte aus der Rattenperspektive die große Runde von den Slums bis zu den Villen, von den kleinen Gaunern bis zu den grossen Rettungsengeln von Astro City. Und beleuchten die verschiedenen Formen der Comicbösartigkeit. Ein Lehrstück in Perspektive und wie sie selbst altbekannte Geschichten wieder interessant machen kann…

Originalfassung hier.

Volker Reiche
Strizz – Das fünfte Jahr

Wohltuend vermeidet Reiche jeden Zeigefinger. Er politisiert, aber polemisiert nicht. In klugen, vor allem aber witzigen Dialogen bringt er durch seine vielzähligen unterschiedlichen Figuren die aktuellen politischen Meinungen in Deutschland zum Ausdruck. Das ist dann oft so viel Material, sind so viele kluge Gedanken, dass man einen Jahresband der Serie unmöglich am Stück lesen kann…

Originalfassung hier.

Boselli, Colombo, Majo, Rossi
Dampyr

„Fumetti neri“ nennt sich die in Italien weit verbreitete Spielart des schwarz-weissen Horrorcomics. Meist sind die Geschichten ausgesprochen trivial und entfernen sich nicht vom üblichen Schema des guten Helden gegen eine ewig erzböse Übermacht. Natürlich gibt es, wie bei den Pulp-Novels und Romanheften, auch bei den Fumetti Ausnahmen…

Originalfassung hier.

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Comixene 100 ist einhundert Seiten stark, kostet 9,00 € und ist im Comicfachhandel erhältlich.

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