Viel Blut: Paul Cornell macht ein Remake der „Sieben Samurai“ mit Dämonen, schreibt nebenbei „Wolverine“. Daniel Way läßt den Punisher auf eine Banenenrepublik los und Greg Land schmeisst Photoshop an, um „Iron Man“ zu … nun ja, zeichnen. Vier Comics, die man nur mit kugelsicherer Weste lesen sollte.

Paul Cornell/ Diógenes Neves
Demon Knights: Sieben gegen die Finsternis
(Panini)

Wir haben unsere „Sieben Samurai“ gesehen, oder wenigstens die romantisierte US-Fassung als „Die glorreichen Sieben“, wir wissen wie das läuft: sieben Männer reiten in ein Dorf und schützen sie in übermenschlicher Anstrengung und trotzdem voller Zweifel und innerer Konflikte gegen eine zahlenmäßig überlegene Macht.

Es ist eine schöne Geschichte, eine romantische Geschichte, die immer mal wieder mehr oder weniger stark verhüllt neu aufgelegt wird – zuletzt etwa in „13 Assassins“ – und die auch die Basis für diese Serie des Ex-“Doctor Who“-Autors Paul Cornell bildet.

Im Kern steht (der Titel erschließt sich auf deutsch nicht so ganz) der „Dämon“ Etrigan, eine alte Kirby-Schöpfung, der bis in die Neunzigerjahre hinein eine eigene Heftserie hatte, für die sogar Garth Ennis drei Handvoll höchst unterhaltsamer Ausgaben getextet hat.

Der sammelt in einem wie üblich kaum näher bestimmbaren Mittelalter diverse fragwürdige Gestalten um sich, um einem von einer herannahenden Armee bedrohten Dorf zu helfen: des Dämons Ritter, die Demon Knights.

Es muss als erstes festgehalten werden, dass die Übersetzung großartig ist. Josef Rother trifft den pompös-aufgeblasenen Tonfall der meisten martialischen Fantasy, die von überlebensgroßen Helden, pardon, Recken lebt. Auf selbstironische Art schrammt die Sprache immer eng an der Grenze zur Peinlichkeit lang.

Aber.

Und das ist das nervige Aber. Obwohl Cornell den Plot entlehnt hat, obwohl er nur den vorgegebenen Pfaden der Geschichte zu folgen braucht, hat er das Geschehen kaum unter Kontrolle. Aus einer straighten Story will er trotz enger räumlicher Beschränkung – die ganze Geschichte spielt in einem kleinen Tal – einen gewaltigen Erzählgobelin weben. Neben den sieben titelgebenden Figuren gibt es noch diverse Antagonisten und Nebenfiguren, die auf knapp 140 Seiten ihren Platz beanspruchen. Um es ihnen allen Recht zu machen, springen die Erzähler von Schauplatz zu Schauplatz, mehr noch: durch die Zeit, denn das Erzählte hat seinen Ursprung in tausende Jahre alten Ereignissen.

Uff.

Nur in der Mitte des Bandes nimmt Cornell etwas von dem so entstehenden atemlosen, aber auch gehetzten Tempo raus. Es ist der mit Abstand beste Teil des Bandes. Schon bei „Doctor Who“ zeigte Cornell, dass ihm ruhiges Erzählen und Charakterarbeit mehr liegt als pompöse Action.

Mehr davon wäre, nun ja, mehr gewesen. Brian Wood, davor Kurt Busiek zeigen seit diversen Jahren als Autoren von „Conan“, wie wichtig Charakterarbeit selbst für das sonst oft unterschätzte Genre der Barabarenfantasy ist. „Demon Knights“ braucht, wenn es mehr sein will als nur Gemetzel mit Schauwert, davon ebenfalls eine Dosis.

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Daniel Way/ Steve Dillon
Thunderbolts
(Panini)

Gute Idee. Steve Dillon als Zeichner für eine Serie einzusetzen, die zwar von fünf verschiedenen Figuren handelt, deren heimliche Hauptfigur aber wohl der Punisher ist. Dillon, zuletzt trotz seines eher karikaturistischen Strichs bei unnötig ernsthaften Marvel-Serien verbraten, hat mit Garth Ennis einen der wenigen lesbaren „Punisher“-Runs hingelegt, nicht zuletzt weil er die unsägliche Brutalität der im Kern faschistoiden Figur ironisch brach.

Das ist, was „Thunderbolts“ braucht. Das Konzept geht auf Kurt Busiek und Mark Bagley zurück und beinhaltet nichts anderes als: was wäre, wenn Schurken sich als Helden ausgeben, um so leichter an ihre Beute ranzukommen? Eine Metafiktion und zugleich eine Abhandlung über Gut und Böse, die, naturgemäß, solange in Serie ausgequetscht wurde, bis nichts mehr davon blieb.

Der Neustart war also dringend von Nöten. Hat Daniel Way begriffen, was er da schreibt? Eher nicht. Der Plot verspricht viel: Punisher, Deadpool, Elektra und Venom müssen einer Bananenrepublik einen McGuffin, in dem Fall eine Gammabombe wegnehmen. Damit wäre der Plot in Gang gesetzt. Der läuft natürlich nicht ohne aktuelle amerikanische außenpolitische Referenzen, trotzdem als recht gradliniges Gemetzel ab. Reingehen, draufhalten, abhauen.

Nur: mehrmals. Zu oft, zu lang.

Steve Dillon rettet das, so gut er kann, mit feinen Slapstick-Momenten und seiner immer noch unübertroffenen Fähigkeit, Mimik darzustellen und einzusetzen. Am Schluss fliegen die Schurkenhelden mit dem U-Boot, und genau wie bei dem ist auch bei der Geschichte viel Luft nach oben.

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Diverse
Wolverine/ Deadpool
(Panini)

Natürlich ließe sich darüber reden, wie dieses Heft von Paul Cornell geschrieben wurde, der einige der besten „Doctor Who“-Episoden und einige der uninteressantesten Superman-Comics der letzten Jahre verfasst hat.

Wie Alan Davis als Zeichner zeigt, wo der Hammer hängt, indem er Actionsequenzen mit einem starken Gefühl für den Raum inszeniert, statt sich wie viele seiner Kollegen auf unidentifizierbare Nahaufnahmen zu beschränken.

Daß Brian Posehn, der in den Staaten als Comedian bekannter ist als hier, wo man ihn höchstens als schwulen Dicken aus „The Sarah Silverman Programme“ kennt, Deadpool endlich endlich aus den Untiefen pubertären Splatterhumors erhebt, indem er eine gesunde sarkastische Politsatire schreibt.

Und Tony Moore („The Walking Dead“) ist eh über jeden Zweifel erhaben.

Darüber ließe sich reden.

Aber wißt ihr, was das eigentlich Tolle an diesem Heft ist? Daß es sich nicht so gnadenlos an das Filmpublikum anbiedert wie fast alle anderen Marvel-Hefte derzeit. Ein Comic von eigenen Gnaden. Das sollte man genießen, solange es noch geht.

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Diverse
Iron Man/ Hulk
(Panini)

Ach je.

Gut, Greg Land war als Comiczeichner noch nie ernstzunehmen. Seinen – vorsichtig formuliert – fotoinspirierten Zeichnungen ist jede Dynamik fremd, Gestik und Mimik passen in den seltensten Fällen zum Geschilderten und Hintergründe finden praktisch nicht statt.

Haken wir also „Iron Man“ ab.

Leinil Yu immerhin war mal ein Zeichner mit Potential. Das Chaos, daß er im „Hulk“ unrichtet, ist freilich unappetitlich.Wirres Seitendesign, in keinerlei grafischer Beziehung zueinander stehende Figuren…

Schade drum. „Iron Man“ ist sicher die aktuell vielversprechendste Figur der Marvel-Comics, und Hulk… Hulk ist eben Hulk. Aber so, wie das hier läuft, wo die Übersetzung das Beste am ganzen Heft ist – so läuft das nicht. Enttäuschend.

One Response to “4 auf 1: The God, the Bad and the glorreichen Sieben”

  1. Oliver L says:

    Ich mag ja die Anspielung auf die rar gesäten wirklich lesbaren „Punisher“-Stories.