Zum zweiten Mal wurde in diesem Jahr der Goldene Gartenzwerg verliehen – der Comicpreis des Leipziger Comicstammtisch. Gewinner waren Sascha Wüstefeld und Ulf Graupner mit ihrer Serie „Das UPGrade“. Hier die Laudatio für diesen Comic sowie die wohlverdienten Plätze Zwei und Drei der Publikumsabstimmung, „Die Virtonauten von Remory“ und „Ausgezeichnet“.

1. Platz
Ulf Graupner & Sascha Wüstefeld
Das UPGrade

Die Stehlampe muss mit!

So jedenfalls sehen das wohl die Ostbürger, denen Ronny Knäusel, Jungpionier, zur Republikflucht verhilft. Und so finden sich die gelernten DDR-Bürger, Mama, Papa, Kind, nicht nur mit Sack und Pack im Westen wieder, sondern auch mit Stehlampe.

Denn der knollennasige Ronny Knäusel, eine der Hauptfiguren der Reihe „Das UPGrade“ kann teleportieren. Das steht schon auf dem Cover. Und er nutzt diese Fähigkeit, um Menschen – und Stehlampen – zur Republikflucht zu verhelfen.

Andererseits: ganz so eindeutig, wie das Cover es andeutet, ist die Sache freilich nicht. In die komplexe Geschichte um Knäusel und den kalifornischen Surfpunk-Produzenten Cosmo Shleym mischen sich auch noch Erich Honecker, Angela Davis, die Stasi und diverse Ostbürger ein.

Und das nur im ersten Band. Wer weiß, welche Gastauftritte uns in den Folgebänden bevorstehen? Zehn Stück sollen es immerhin werden. Die Geschichte von Knäusel steht erst ganz am Anfang und vieles ist noch unklar.

Klar dagegen ist, dass Wüstefeld und Graupner mit „Das UPGrade“ ein höllisch verzwicktes Pandämonium der letzten Jahre der DDR geschaffen haben. Eine Geschichte nicht nur voller Zitate aus dem Ostalltag und Anspielungen auf realsozialistische Realitäten.

Sondern vor allem voller ironischer Brechungen und sarkastischer Auslassungen, die es weit über jede Form von Ostalgie erheben. Wie etwa die Stehlampe. Dieses gesamtdeutsche Symbol spießiger Gemütlichkeit, von dem auch die ausreisende DDR-Familie nicht lassen will.

Leider erfahren wir nichts über das weitere Schicksal jener Lampe. Sehr sicher aber werden wir erfahren, wie es mit Ronny Knäusel weitergeht. Denn „Das UPGrade“ ist nicht nur ein Verkaufserfolg, sondern sogar so beliebt, dass es den ersten Platz beim Comicgartenzwerg 2012 gemacht hat.

Für diese Leistung erhalten Ulf Graupner und Sascha Wüstefeld die Goldene Stehlampe… nein, den Goldenen Gartenzwerg 2012! (Stefan Pannor)

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2. Platz
Hagen Fleming
„Die Virtonauten von Remory“

„Die Virtonauten von Remory“ stellen auf dem deutschen Coomicsektor etwas sehr Seltenes dar: Der Berliner Hagen Flemming mixt in seiner Story Science Fiction mit der Geschichte des alten Ägypten.

Flemming stammt aus dem MOSAIK-Fanfiction-Umfeld und hat sich vor nunmehr 5 Jahren (erfreulicherweise) dazu entschlossen, dieses enge Terrain zu verlassen und etwas Eigenes zu schaffen. Geblieben von Flemmings MOSAIK-Affinität sind jedoch die Liebe zu detailreichen Zeichnungen und der Hang zur erzählerischen Akribie.

In der abenteuerlichen „History-Scifi Serie“ „Die Virtonauten von Remory“ wird auf unterhaltsame Weise die Welt des alten Ägypten zur Zeit des Kind-Pharao Tutanchamun mit der Vision einer zukünftigen Mars-Besiedlung verbunden. Haupthelden der Geschichten sind die drei Marskinder Xi, Tau und Omikron.

Mit dem aktuellen Heft setzt sich Flemming selbst Maßstäbe. Noch nie war die Handlung so dicht, spannend und vielfältig zugleich. Wenn man dazu beachtet, dass Flemming selbst „seine Brötchen“ nicht durch Comics, sondern durch ein „normales Berufstagwerk“ verdient, nötigt dies Respekt ab und verdient somit den zweiten Platz beim diesjährigen Gartenzwerg zurecht! Herzlichen Glückwunsch! (Thomas Wilde)

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3. Platz
Diverse
Ausgezeichnet

„Ausgezeichnet“ ist nicht nur die jüngste Nominierung für den Goldenen Gartenzwerg 2012 – das Heft wurde im Juni diesen Jahres nominiert – sondern auch das frischeste Comicprojekt.

Entstanden im Rahmen des Comic Clash zum Thema „Sinn des Lebens“, liegt bis dato erst eine Ausgabe vor. Aber die hat es, nicht nur wegen des Umfangs von 84 Seiten im Großformat, in sich.

Die Comics, vorrangig geschult an frankobelgischen und amerikanischen Vorbildern, wären allein schon ihr Geld wert. Obwohl Fanzine, sind die düster-ironischen Kurzgeschichten von nahezu professioneller Anmutung, vor allem aber kurz und prägnant erzählt.

„Ausgezeichnet“ allerdings ist kein reines Comicmagazin. Abgerundet wird der Inhalt mit launigen Sachbeiträgen über die Zeichner des Heftes, über sich selbst und das Leben im Allgemeinen. Ja, sogar ein Interview mit Ulf Graupner und Sascha Wüstefeld ist enthalten.

„Ausgezeichnet“ verbindet damit die besten Qualitäten des modernen Comic mit der entspannten Verspieltheit eines Fanzines, das sich selbst nicht zu ernst nimmt. Das wissen die Leser zu schätzen, weshalb „Ausgezeichnet“ den verdienten 3. Platz beim diesjährigen Gartenzwerg gemacht hat. (Stefan Pannor)

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