Da war doch noch was. Mindestens vierundzwanzig Texte, die schon längst in diesem Blog stehen sollten, aus diesem oder jenem Grund aber nicht hier landeten. Als kleiner Weihnachtskalender finden sie jetzt Verwendung. Heute: ein König der Löwen von Osamu Tezuka und ein rabiater Minisaurier von Masashi Tanaka.

Comics mit Tieren sind meist eines von beidem: entweder Erzählungen über vermenschlichte, micht mehr tierisch handelnde Tiere. Bekanntes Beispiel sind hier die diversen Disney-Comics um Donald Duck, Micky Maus & Co. Oder es sind eher banale Fabeln, in denen Tiere den Retter aus der Not spielen, Vorbildern wie „Lassie“ oder „Flipper“ folgend.

Zwei Mangas gehören zu den seltenen Ausnahmen. Beide sind nicht neu, liegen aber aktuell in einer Neuausgabe vor.

Osamu Tezukas „Kimba“ ist im Westen vor allem wegen der Anime-Serie bekannt, die auf dem Manga beruht und zu den ersten und erfolgreichsten japanischen Trickfilmserien im Westen gehört. (Nebenbei war sie auch eine der Inspirationsquellen für Disneys „König der Löwen“.)

Carlsen hat den Manga bereits vor einigen Jahren als kleine Taschenbuchversion veröffentlicht. Die aktuelle Edition der Löwen-Mär ist dagegen deutlich größer, was dem Artwork zugute kommt. Tezuka hat diverse seiner Mangas durch sein Studio immer wieder überarbeiten lassen. Im vorliegenden Fall bedeutet das vor allem opulente Landschaftszeichnungen, die hier mehr Wirkung als im Taschenbuch entfalten.

Inhaltlich steht die in den Fünfzigerjahren entstandene Geschichte an der Schwelle vom naiven zum sich emanzipierenden Tezuka. Der Plot selbst ist simpel: das Löwen-Waisenkind Kimba errichtet eine Tier-Zivilisation im Dschungel, die der reifer gewordene Kimba dann gegen Menschen und andere Tiere verteidigen muss.

Wie in allen frühen Tezuka-Comics dominiert der Slapstick, die grafische Gestaltung ist unverkennbar an den Disney-Trickfilmen der Vorkriegszeit angelehnt. Allerdings ist der Plot ernster, und Tezuka scheint ihn auch ernster genommen zu haben: eindeutige Äußerungen gegen Tierhaltung, blindwütige Jagd und Umweltverschmutzung belegen das.

Das sollte man freilich nicht überbewerten. „Kimba, der weisse Löwe“ ist eine naive, gelegentlich niedliche, ab und zu auch recht heftige Abenteuererzählung für Kinder, an manchen Stellen – etwa bei der Darstellung der Schwarzafrikaner – offensichtlich veraltet, nichtsdestotrotz vor allem ein Unterhaltungscomic.

„Gon“ dagegen ist kaum etwas für Kinder. Bereits in den Neunzigerjahren veröffentlichte Alpha Comics einige Episoden um den schlechtgelaunten Saurier, der sich, vermutlich als letzter seiner Artdurch die aufblühende Säugetiervielfalt des Kanäozoikums jagt, frisst und prügelt.

Die Geschichten sind heftig – naturgemäß gibt es viele tote Tiere zu sehen – und folgen häufig einem Strickmuster: Gon sieht etwas, will es haben und legt sich darum mit allen umliegenden Tieren ab.

Hier ist es schade, dass Carlsen Manga den Bänden kein größeres Format spendiert hat. Denn die Episoden beeindrucken vor allem durch eine ungeheuer naturalistische Darstellung des Tierlebens. Die Comics enthalten keinerlei Dialoge.

So ist das detailierte Artwork allein Träger der Erzählung. Vor allem aber ist es im Wortsinn ein Hingucker, eine Abfolge dynamischer, brachialer Actionsequenzen, in der Regel sehr slapstickhaft oder zumindest am Rande davon.

Happy End wird nicht gegönnt. Gon bleibt als Träger der Handlung unnahbar und unsympathisch, eine ungewöhnliche Figurendarstellung in einem Manga. Trotzdem ist alles gut ausgegangen: der Semi-Klassiker des Manga liegt seit kurzem erstmals vollständig in der Edition eines deutschen Verlages vor.

Verwandte Artikel:

  • „Kirihito“ von Osamu Tezuka
  • Osamu Tezuka: Der fleissigste Comiczeichner der Welt
  • Der Kitzel mit dem atomaren Trauma
  • Die Maske in der Maske. „Pluto“ von Naoki Urasawa
  • Buddha, blutig
  • Komm, wir machen uns was vor!
  • Der Rest vorm Fest:

    01 – Israel verstehen in 60 Tagen oder weniger
    02 – King Aroo
    03 – Comic Noir
    04 – Habibi
    05 – House of Mystery
    06 – Alan Moores Neonomicon
    07 – The Unwritten
    08 – Frostfeuer
    09 – Zahra’s Paradise
    10 – Spirou
    11 – Johann & Pfiffikus
    12
    13
    14
    15
    16
    17
    18
    19
    20
    21
    22
    23
    24

    Comments are closed.