In einer bizarren Spiegelbildichkeit der Ereignisse begann Hal Foster, Erfinder von „Prinz Eisenherz“, seine Karriere weder als Comiczeichner noch beendete er sie als solcher. Trotzdem machte er in beiden Fällen Comics.

Der Anfang ist leicht erklärt. Foster, als Illustrator in Kanada geschult und als Werbegrafiker tätig, erhielt Ende der Zwanzigerjahre den Auftrag, eine Comicadaption von E.R. Bourroughs erstem „Tarzan“-Roman zu illustrieren.

Die Texte wurden ihm geliefert, und Foster, der Comics ziemlich deutlich verachtete, ratschte die Episode sauber, detailreich, aber letztlich routiniert runter.

Der Job führte mit einigen Anlaufschwierigkeiten zum Folgeauftrag, die großformatigen Sonntagsseiten des „Tarzan“-Comicstrips zu zeichnen.

Nicht zuletzt auf Dringen von Bourroughs selbst, der von Fosters grafischem Talent, seiner anatomischen Akkuratesse und seinem Gespür für Landschaftszeichnung – „Tarzan“ spielte ja doch meistens an der frischen Luft – begeistert war.

Waren also die großformatigen „Tarzan-Seiten, die Foster von 1931 bis 1937 produzierte, obwohl er Comics erst gar nicht, dann deutlich mehr mochte, der Weg eines großartigen Erzählers zu künstlerischer Größe, oder war es nur ein Auftragswerk in einem ungeliebten Medium?

Eindeutig lässt sich die Frage nicht beantworten. Rückblickend lässt sich feststellen, dass die Strips an vielen Stellen haken. Obwohl genau wie beim „Eisenherz“ Bild und Text streng getrennt bleiben, lässt sich „Eisenherz“ mühelos als Comic erkennen, in dem Text und Bild zusammen eine Geschichte erzählen. In „Tarzan“ erzählt der Text eine Geschichte, und die Bilder erzählen die Geschichte nochmal.

Die Bilder illustrieren damit mehrheitlich den Text, ohne ihn zu erweitern – geschuldet wohl stark der Tatsache, dass Foster hier nach Vorgaben anderer Autoren arbeitete. Sicher auch, weil Foster, unvertraut mit den Anforderungen des Comic, es lange Zeit selbst nicht besser wußte.

Und natürlich sind die Plots manchmal arg dämlich, Tarzan selbst (der sich sehr oft gefangen nehmen läßt und Probleme mit der Faust löst) kein sehr interessanter Akteur. Er ist ein netter, aber tumber Schlagdrauf. Beispielhaft jene Sequenz, in der er sich gefangennehmen läßt, indem er – einfach in einen leeren Raum läuft, in den sein Gegenspieler ihn schickt!

Dramaturgisch ist das weit entfernt von den epischen Handlungsbögen eines „Prinz Eisenherz“. Und erzählerisch auch weit weg vom ironischen, süffisanten, psychologisch komplexen, metaphorisch durchtränkten Erzählgestus des „Prinz Eisenherz“.

Fosters spätere grafische Brillanz scheint hier bereits überdeutlich durch, vor allem in der Gestaltung der Bösewichte, in der Suche nach dem perfekten Augenblick, die Gestik und Mimik der Akteure für das Bild einzufrieren. Nicht zuletzt erinnert Tarzan im Lendenschurz deutlich an den ebenso gekleideten Prinz Eisenherz der frühesten Strips. Das ist schon Foster, aber noch nicht ganz.

Der von John Cullen Murphy gezeichnete „Prinz Eisenherz“ ist dagegen fraglos ein „Eisenherz“. Und ein Foster.

Murphy hatte den Strip Ende 1970/ Anfang 1971 sukzessive übernommen, in erst sporadischem, später immer länger werdenden Wechsel mit Foster selbst, der den Strip seit 1938 ununterbrochengeschrieben und gezeichnet hatte.

Basierend auf Fosters Vorzeichnungen und Skripten, gestaltete er einen Comic, der dem Original ähnelte und doch seinen Geist änderte. Murphy war gut in Nahaufnahmen, die opulenten Landschafts- und Stadtbilder a la Foster gelangen ihm dagegen nur bedingt.

Der Übergang zwischen dem überdetailgetreuen Foster und dem reduzierten, auf Licht- und Schatteneffekte bedachten Murphy war dennoch so fließend, dass er kaum einem damaligen Leser aufgefallen sein dürfte.

Dennoch änderte er das Lesegefühl, lenkte den Schwerpunkt weg von der Grafik hin zum Text. Aus Fosters jahrzehntelangem Loblied auf die Natur wurde so ein recht privater, kleiner, aber nichtsdestotrotz feiner Abenteuerstrip in einer Zeit, als die Abenteuerstrips sowieso ihrem Ende entgegen dämmerten. Das ist noch Foster, und schon irgendwie nicht mehr.

Die großen Momente des großen Foster zu seinem besten Zeiten fehlen „Tarzan“ und Murphys „Eisenherz“ gleichermaßen.

„Tarzan“ ist sicher der historisch interessantere Strip, zeigt er doch die Entwicklung eines Künstlers, Foster, zu etwas hin. „Prinz Eisenherz“ mit Murphys Zeichnungen ist der lesbarere Strip, nicht zuletzt weil Foster eben auch ein großartiger Erzähler und Skriptautor war. Aber auch durch Fosters Skripte ein melancholischer Schwanengesang auf einstige Größe.

Und beides aber ist letztlich nur Ergänzung zum unverzichtbaren „Prinz Eisenherz“, wie ihn Foster von 1938 bis 1971 gestaltet hat und der zum Glück ebenfalls gerade auf deutsch vorliegt!

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  • One Response to “Aktuelle Comicrezension (228): ‚Tarzan‘ von Hal Foster”

    1. Stefan Pannor » Blog Archive » 3 auf 1: Ein Kind, ein Prinz und eine Ente says:

      […] PRINZ EISENHERZ von und nach Foster […]