2014 war Karlsjahr – sein Todestag jährte sich zum 1.200ersten Mal. Das brachte viele Zeitungsartikel, Bücher und Dokumentationen hervor. Und diesen Comic, der heraussticht, weil er als einer der wenigen zugibt, was wir alles nicht über Karls wissen.

Die Zeigepflicht des Comics kann Verführung und Bürde zugleich sein – und manchmal auch Chance. Alles drei ist sie in „Karl der Große“.

Das Buch ist weniger Biographie als vielmehr Sittenbild des Frankenherrschers und seiner Zeit. Es ist auch gar nicht so sehr Comic im konventionellen Sinn: kürzere und längere Erzählstrecken wechseln sich ab mit doppelseitigen Tableaus, erklärenden Lehrbuchseiten, wenig bis gar nicht illustrierten Texten.

Die Illustrationen, das vorweg, sind wundervoll, fein ziseliert, von einer unterkühlten Distanziertheit. Die Comicsequenzen sind etwas hakelig, nicht völlig stilsicher, diese oder jene Sprechblase sicher unnötige Ablenkung. Dennuch funktioniert das Zusammen spiel aus Text und Comic und illustriertem Buch aufgrund seiner Formenvielfalt, die eben auch gestattet, zu jedem Sujet die Form zu wählen, bei der man sich am sichersten fühlt.

Das alles im Sinn eines hochunsicheren Themas: des Herrschers, der ein europäisches Großreich schuf und eine Großfamilie um sich scharte. Dessen Leben zwar leidlich gut, aber in verschiedenen Quellen widersprüchlich überliefert ist. Von dem Bildnisse existieren, von denen man annehmen muss, dass sie gar nicht Karl selbst zeigen.

„Karl der Große“ macht das Beste aus der vertrackten Lage, indem es vor allem erklärt, was man nicht weiss. War Karl vier oder fünfmal verheiratet – und mit wem eigentlich? Wollte er Kaiser sein, wurde es ihm nahegelegt oder mit Mitteln der Realpolitik aufgezwungen? Wer waren seine Kinder? Wo liegt seine Leiche?

Und vor allem: wie sah er aus? Das Buch beantwortet die Frage nicht. Es zeugt von Mut, die Titelfigur des Buches praktisch nicht zu zeigen, oder wenn, oft genug von hinten. Karl der Große ist eben auch Karl der Anonyme, Karl der Fragen-aufwerfende.

Die Bürde, zu zeigen, wovon man erzählt, lässt das Buch elegant links liegen – die Verführung auch. „Karl der Große“ zeigt nur, was man zeigen kann, was leidlich belegt ist.

Daraus ergibt sich die zersplitterte Natur des Buches, und auch der Wechsel zwischen den Formen, womöglich gar Medien, das Chargieren zwischen Sachbuch und Comic ist völlig schlüssig, womöglich sogar notwendig, um aus einer unsicheren Quellenlage eine überzeugende Biographie zu gestalten.

Fabienne Loodts/ Saskia Petermann: Karl der Große
wesentlich.verlag, 148 S.; €24,90

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