Dankt Hollywood! Ohne den Erfolg der „Guardians of the Galaxy“ wäre nicht nur die Figur des Rocket Raccoon weiter am Rande des Vergessens rumgedümpelt. Es hätte auch diesen Comic nie gegeben…

Dass weite Teile des US-Comics ohne Hollywood kaum überlebensfähig wären, ist eine Wahrheit, der man sich stellen muss. Längst sind vor allem die Comichefte der Großverlage kaum noch rentabel, bedingt durch den organisatorischen Wasserkopf des Großverlages und die meistens recht überschaubaren Auflagen.

Andererseits spült Hollywood durch seinen Einfluss immer wieder mal Figuren und Comics nach oben, die andernfalls praktisch vergessen worden wären. Wie Rocket Racoon, den von Bill Mantlo kreierten waschbärartigen intergalaktischen Söldner, der eine der Hauptrollen in „Guardians of the Galaxy“ spielte.

In den Marvel-Comics taugte er spätestens seit den Neunzigerjahren nur noch für Gastauftritte, bedingt womöglich auch dadurch, dass Superheldencomics in dieser Zeit zu einer sehr düsteren und traurigen Angelegenheit wurden, in der die ironische, quirlige Figur kaum noch Platz fand. Sein bis dahin einziger eigener Titel war eine Miniserie von 1985 gewesen, die ebenfalls erst im Zug des Filmerfolgs nachgedruckt worden war. Ruhm sieht anders aus.

Die relative Bedeutungslosigkeit der Figur hat allerdings noch einen Vorteil. Skottie Young, hier in der seltenen Rolle als Autor und Zeichner, kann auf unbefangenste Art mit ihr spielen. Young hat zuletzt in seiner Adaption der „Oz“-Romane (mit Eric Shanower) bewiesen, dass seine welt ein wunderbar skurriler Ort des Wahnsinns und der Poesie ist. Das schlägt auch in „Rocket Raccoon“ durch.

Ohne allzuviel Rücksicht auf Logik schreibt und zeichnet Young ein wildes, nie enden wollendes Slapstick-Abenteuer, das vor allem von atemberaubender Dynamik ist. Daneben allerdings blitzt immer wieder seine typische Poesie durch, etwa wenn er fantastisch aussehende Weltraumfische und herrlich schrundige Miniaturmondlandschaften zeichnet.

Der Serienstart in den USA war aus dem Stand der erfolgreichste des letzten Jahrzehnts bei Marvel. Auch das wohl ein Beleg dafür, dass ein Bedarf für witzige, hochwertige Actioncomics besteht, die junge und alte Leser gleichermaßen ansprechen. (Young verzichtet dankenswerterweise größtenteils auf grafisch explizite Gewalt, wie sie in anderen Serien normal ist.) Insgesamt elf Hefte blieb er bei der Serie. Seine Nachfolger konnten das hohe Niveau nicht halten, so dass sie nach fünfzehn Ausgaben eingestellt werden musste.

Skottie Young
Rocket Raccoon
Panini, 100 S.; € 9,99

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