Das war früher auch einfacher. Während ich mich in der Blüte meiner Pubertät befand und einen ranken Jugendkörper besaß, konnte ich zusehen, wie die Herren und Damen Angestellten der Sternenflotte, die alte Besatzung der Enterprise, mit jedem Film immer dicker wurden. Was ihnem im Star-Trek-Spandex auch überhaupt nicht stand.

Diese Zeiten sind jetzt vorbei. Zwar trage ich weiterhin kein Spandex, aber …

Kirk & Spock & Scotty & Sulu & Chekov sind offiziell an mir vorbei gejugendt (das ist das Gegenteil zu „gealtert“). Und wie sie das getan haben, kann einen schon neidisch machen.

Denn Star Trek XI (mit dem belanglosen Untertitel Die Zukunft hat begonnen) ist Punk und Rock und überhaupt jede Menge Anti-Establishment-Feierei, dass es eine Freude ist. Gleich zu Beginn braust der blutjunge Kirk mit dem gestohlenen Wagen seines Ziehvaters durch die Wüste, und zu Klängen der Beastie Boys verschrottet er das Teil im nächsten Canyon. James Dean klingt da an, wie er den ewigen Rebell gegeben hat, und natürlich Marlon Brando. Wenig später sehen wir Spock, wie er sich weigert, den vorgeschriebenen, absolut üblichen Karriereweg auf seinem Heimatplaneten Vulkan zu gehen. Denn so machen es schließlich alle. Widerstand mag zwecklos sein (wie man aus der TV-Serie weiß), aber er ist logisch. Vor allem wenn man jung ist.

Und wie sie jung sind! Star Trek XI präsentiert nicht einfach nur ein paar glattgelutschte Teens in engen Jeans, sondern tatsächliche Charaktere. Kirk, dessen Vater als Held verehrt wird, rebelliert von vorn bis hinten gegen die Regularien der Sternenflotten-Ausbildung, betrügt und vögelt sich rum, ist also das absolute Gegenbild zur klinisch reinen Utopie des Gene Roddenberry. Und Spock ist das Opfer, das Karrierist wird: in seiner Kindheit von den größeren Mitschülern rumgeschubst, gibt er sich später betont extrakalt und hypervulkanisch. Nur um dann, wenn er es mit der Methode bis ganz nach oben geschafft hat, zu zeigen, dass er einen Scheiss auf seine Schule gibt.

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Und das schönste: diese Ecken und Kanten und Untiefen, die den Charakteren vollkommen schlüssig zugeschrieben werden, sind nicht dazu da, am Ende zugunsten einer biederen Anpassung an das System aufgelöst zu werden. Kirk und Spock und die übrigen retten das Universum, grade weil sie, jeder auf seine Art, junge Punks sind – und den alten Herren von der Akademie bleibt am Ende nichts andres übrig als ihnen dazu auch noch zu gratulieren. So muss das sein. J.J. Abrams als Produzent und Regisseur hat ein Hohelied auf die Jugend gedreht.

Deshalb ist dies auch kein typischer Action-Film, obwohl es permanent und an allen Ecken und Enden kracht, und kein typischer Star-Trek-Film, obwohl die Darsteller in den vertrauten Kostümen rumrennen und all zu vertraute Namen tragen. James T. Kirk. Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. Und dann noch einmal zehn sein und zum ersten Mal Raumschiff Enterprise im Fernsehen sehen.

Nein, Star Trek XI ist ein Ensemblefilm über ein paar Kids, die morgen in die Schlacht ziehen, es aber heute noch einmal krachen lassen, die an der Front stehen und mit viel Glück und Frechheit gerade so durchkommen. Sie sind die „fucking new guys“, wie es im Vietnamfilm Hamburger Hill heisst. Die dauernd ihr Leben aufs Spiel setzen, um etwas zu erreichen, was die alten Herren nicht hinbekommen. Auch an Teenager-Kriegs-Dramen wie diese erinnert Star Trek XI, obwohl in diesem Fall alle heil nach Hause kommen.

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Und dass das so funktioniert, liegt an den Darstellern. Die hätten eigentlich nicht viel mehr zu tun gehabt, als Schauspieler zu spielen, die andere Schauspieler spielen. Denn tatsächlich orientierten sich Chris Pine (Kirk), Zachary Quinto (Spock), Karl Urban (Leonard McCoy), John Cho (Sulu) und Anton Yelchin (Chekov) massiv daran, wie William Shatner, Leonard Nimoy, DeForest Kelley, George Takei und Walter Koenig ihre jeweiligen Ebenparts gespielt haben. Gleichzeitig tun sie aber noch mehr. Sie haben Spaß. Es ist der Spaß an der Kopie, an der Verkleidung als Held der eigenen Kindheit. Der überträgt sich als Esprit auf die Leinwand. Wer wollte nicht früher so schweinecool wie Spock sein und so die Augenbrauen hochziehen können? Na also.

Vor allem, wenn man es neben dem Original tun kann – Leonard Nimoy spielt in einem herrlich nostalgischen Plottwist ebenfalls den Spock. Einzig Simon Pegg als arg mißgelaunter Scotty fällt da ein wenig aus der Rolle, aber das tut dem ganzen in seiner komödiantischen Übertreibung nur gut. Denn er ist großartig. Schon seine Stimme riecht nach Schmieröl. Und Zoe Saldana als Uhura verlässt sich ein wenig zu sehr auf die Wirkung ihrer langen Beine.

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Natürlich könnte man jetzt kritisieren, dass vor lauter Ensemble die Story zu kurz kommt. Das ist in der Tat so. Eric Bana als zeitgereister Schurke Nero ist banal, flach, kaum glaubwürdig in seiner Motivation, eine mittelmäßige Kopie von Khan aus dem zweiten ST-Movie – eigentlich setzt er die Geschichte nur in Gang, den Rest erledigen die Jungs auf der Enterprise. Aus Trauer über den Tod der geliebten Frau die Erde zerstören zu wollen, das ist Schurkenschema F. Auch Zeitreise ist im Star-Trek-Kontext nichts Neues. Aber wen schert das angesichts einer rasanten Hatz in großartigen Kulissen (prächtig: die gigantische orbitale Bohrstation, gruselig: das zeitreisende Tentakelraumschiff, clever geklaut: der monströse Eisplanet) und der Frage, wie Kirk und Spock, die sich bis aufs Blut hassen, eigentlich Freunde werden können?

Star Trek XI lässt sich auf einen ganz einfachen Nenner bringen. Die Actionszenen in diesem Film sind die besten, die je in einem Star-Trek-Film zu sehen waren, und die witzigsten Szenen die witzigsten. Es gibt keine Durchhänger. Die Darsteller sind hervorragend.

Wollte man etwas beneiden an diesem vermutlich bisher besten aller Star-Trek-Kinofilme, dann eben wirklich nur, dass die wieder jung sind und man selber nicht, dass denen Spandex steht und mir nicht einmal mehr meine alten T-Shirts. Aber wir wollen usn hier nicht die gute Laune über einen wirklich guten Film vermiesen lassen.

One Response to “Star Trek XI: Sail on, ye young Punks!”

  1. Spock says:

    Was ich auch gerade cooles gelesen habe, es gibt bald eine limitierte Sonderedition von Star Trek XI. Mit Modell des Enterprise Raumschiffs aus dem Film. Gibt es dann auf DVD und Blu-ray. Hier der Link zu der Seite, woher die Info stammt: http://www.big-bang-forum.de/forum/viewthread.php?thread_id=26&pid=490#post_490