Man könnte das ganze Tohuwabohu um meinen Mecki-Artikel als Paradebeispiel für eine sich verselbständigende Sommerloch-Geschichte nehmen. Aber vermutlich ist es selbst dafür – gemessen an den Standards der realen Welt (TM) – zu klein.

In den letzten Tagen jedenfalls erhielt die Geschichte ein paar weitere (finale?) Wendungen. Die Splashpages griffen das Thema in Folge des bereits erwähnten Beitrags von Andreas Platthaus im FAZ-Comic-Blog auf. Und ebenso Martin Jurgeit für das Comicblog des Tagesspiegel.

Dabei ist bei dessen Artikel bereits die Themeneinordnung irreführend. Zwar unter der Rubrik „Comics in der Presse“ einsortiert (eine Presseschau, die Martin regelmäßig für das Tagesspiegel-Blog betreibt), handelt es sich doch vor allem um eine lange Replik auf den FR-Artikel:

Der Beitrag wurde vom freien Autor Stefan Pannor – wohl mit eher schneller Feder – runtergeschrieben, und man merkt sofort, dass er von der Serie „Mecki“, die bis heute in der Rundfunkzeitschrift „Hörzu“ erscheint, kaum mehr als den Miniausschnitt von 1958 aus dem ersten Sammelband kennt. Wenn Pannor etwa die „Behäbigkeit der Handlung“ unter anderem damit zu belegen versucht, dass es „sogar in der kulturpolitisch gesteuerten DDR (mit) ‚Mosaik‘, ein wesentlich moderneres Comic (gab), dessen Helden gerade dabei waren, den Sprung ins Weltall zu wagen“, kann dies nur belustigen, denn Mecki war schon Jahre zuvor zum Mond geflogen.

Mehr als die Reaktion im FAZ-Blog und den News-Eintrag der Splashpages kann Jurgeit für seinen Artikel freilich auch nicht als Redaktionen vorweisen. Wobei er zudem noch die zeitliche Reihenfolge der beiden Artikel zu verwechseln scheint. Sieht man also von dem – teilweise verständlichen, teilweise unnütz heftigen – Reaktionen einiger Fans im Internet ab, bleibt hier vor allem der Eindruck vom Sturm im Wasserglas. In der Öffentlichkeit blieben das Schreiben des Zentralrates sowie der zeitweise Auslieferungsstop der Mecki-Bücher durch den Verlag weitgehend unbeachtet. Kurz: es gab schlicht keine nennenswerte Reaktion durch die Presse.

Dafür aber ein Happy-end. Inzwischen ist der erste Mecki-Band wieder lieferbar, mit einem erklärenden Einleger des Verlages, in dem es u.a. heisst:

Deshalb möchte der Verlag noch einmal explizit darauf hinweisen, dass es sich bei den Mecki-Comics um ein zeithistorisches Reprintdokument handelt, das im Kontext der 50er Jahre zu verstehen ist und nicht in die Kategorie des modernen Kinderbuchs eingeordnet werden darf.

Nichts anderes als jene fehlende historische Einordnung und Erklärung war von Anfang an Kritikpunkt (u.a. von mir) an der jetzigen Edition. Die deutsche Comicszene dürfte damit ihr diesjähriges Sommerloch wohlbehalten überstanden haben.

Edit, 19.08.: Einen hab ich noch! Der Autor übernimmt in diesem Blogeintrag weitgehend die Argumentation von Martin Jurgeit, wenn auch in leicht abgeschwächter Form.

Edit, 27.08.: Aufgrund oben verlinkten Blogbeitrages wurde der Autor Uwe Bender-Muth inzwischen aus dem Mitglieder-Bereich des Comicguide-Forums ausgeschloßen. Die „Begründung“ (und ich schreibe das ausnahmsweise einmal absichtlich in Anführungszeichen, obwohl ich diese Stilform nicht mag) läßt sich hier nachlesen: „Wer so einen abgeschriebenen Mist über unsere interne CGN-Gemeinschaft veröffentlicht braucht keinen Zugang“, so Comicguide-Moderator Lothar Schneider.

3 Responses to “Mecki und die Folgefolgen”

  1. Sintifreund says:

    Beabachtungen zum Zigeunerbild im zeitgenösischen Comic

    In der „Mecki Folge“ besteht das Abenteuer zunächst einmal in der Lösung von Kriminalfällen. Das Bild eines jungen „Zigeunerkindes“ und dem Landstrich Lausedonien, weist aber auf einen anderen für die Leser spannenden Aspekt hin: das Abenteuer Exotik. Die Andersartigkeit der „Zigeuner“ figuren macht einen großen Teil des Reizes für die Leser wie auch für die Protagonisten aus. Für die Verdeutlichung des Exotischen ist es zunächst einmal irrelevant, ob es sich um wirkliche Sinti/Roma handelt: Die „Zigeuner“ welt ist ein austauschbares Versatzstück. Die Funktion, den Leser in eine andere Welt zu führen, können auch typisierte Darstellungen von anderen ethnischen Gruppen (Indianer, „Eskimos“, „Neger“) oder sogar Phantasiegestalten wie Piraten und Gespenster erfüllen.

    Der Leser erfährt, dass „Zigeuner“ sozial benachteiligt und von Vorverurteilungen heimgesucht sind. Zugleich werden Eigenarten im äußeren Erscheinungsbild und in der Lebensweise herausgestellt und anhand typisierter Figuren vorgeführt. Das Konzept begünstigt in diesem Zusammenhang ungemein die Konstruktion solch einprägsamer Typen wie desjenigen des wiederborstigen Kindes, ohne dass der Leser irritiert würde. Mithilfe auch sprachlicher Charakterisierungsversuche sowie des einschlägigen folkloristischen Dekors entsteht so ein Bild vom Fremden, das durchaus freundlich und antidiskriminierend gemeint ist.

    Bei alldem darf jedoch nicht übersehen werden, dass der antirassistische Gestus hier ein gattungsbedingtes Erfordernis der Erzählung darstellt. Während weiterhin der Verdacht einer Täterschaft genährt wird, darf dieser Verdacht doch nicht in der Weise vereindeutigt werden, dass die in Frage kommenden Personen unwiderruflich stigmatisiert werden. Es ist daher zuallererst ein Erfordernis der Erzählspannung, wenn das Bild vom diebischen Zigeuner relativiert wird. Daraus erklärt sich auch die vom aufklärerischen Standpunkt zu diagnostizierende Inkonsequenz im Hinblick auf die klischeehafte Darstellung der Zigeuner, ihrer Sprache und ihrer Lebensumstände. Die durch den Autor vorgenommene erzählerische Funktionalisierung beinhaltet lediglich eine positive Variierung, nicht aber eine grundsätzliche Kritik der Stereotype.

    Sinti/Roma sind in den seltensten Fällen Hauptträger der Handlung. Sie werden vielmehr entweder als Helfer oder als Gegenspieler der eigentlichen Helden eingesetzt. Die Typisierung der „Zigeuner“ als Antagonisten bedient sich aller gängigen Klischees: Die Figuren in Lausedonien leben abseits von der Mehrheitsbevölkerung und sind an dem gerade aufzuklärenden Verbrechen unmittelbar beteiligt.

    Als Helfer bieten sie durch ihre Andersartigkeit eine Unterstützung, die ihnen ihre eigene, andere Lebens-und Vorgenhsweise ermöglicht. Doch auch auf diese positiven Figuren treffen viele der negativen Eigenschaften zu. Die erste Begegnung Mecki´s mit Zigeunern erfolgt in der Folge „Das Attentat“: Mecki begegnet einen zerlumpten kleinen Kerl der von einer wilden Horde verfolgt wird. Das „Zigeunerkind“ wird bezichtigt ein Huhn gestohlen zu haben. ‚Hast du das Huhn gestohlen?‘, fragt Mecki einen zerlumpten Jungen. Das ist zwar nicht der Fall. Aber Ordnung muss schließlich sein.“

    „Zigeuner und Sinti/Roma werden vorwiegend über die Tatsache der „Fremdhaftigkeit“ definiert und geraten nur dadurch zum Gegenstand des Interesses vieler Kinder- und Jugendbuchautoren. Dies ist die Hauptschwierigkeit im Umgang mit Werken, die „Zigeuner“ zu ihrem Thema machen.

    Die Freude an einer spannenden Geschichte soll den kindlichen und jugendlichen Lesern nicht genommen werden. Die Kritik verschiedener Werke kann nicht darin gipfeln, besagte Bücher zu zensieren und als Lesestoff zu verbannen. Es gilt, Kinder und Jugendliche zu Lesern zu erziehen, die die literarische Ebene nicht mit ihrer Realität identifizieren. Antiziganismus ist ein Problem der Mehrheitsbevölkerung, das Kinder und Jugendliche durchschauen lernen müssen.

  2. Stefan Pannor » Blog Archive » Aktuelle Comicrezension (138): ‘Mecki’ says:

    […] gar nicht weiter ausformulieren – Hintergründe zum “Fall Mecki” finden Sie hier und hier. Darüber hinaus in den FAZ-Blogs hier und beim Tagesspiegel hier. Der in diesem Blog […]

  3. Sintifreund says:

    Artikel von Wolfgang Benz …

    http://www.taz.de/1/leben/buch/artikel/1/igel-bratende-zigeuner/