Als die Schlümpfe lila wurden …
Politisch entschärfte „Schlumpf“-Ausgabe in den USA

von Stefan Pannor

'The Purple Smurfs', (c) Papercutz/ Peyo

Ein harmloser Comic für Kinder: ein Schlumpf geht in den Wald, wird dort von einem Insekt gestochen und mutiert zum Berserker, der andere Schlümpfe anfällt. Zum Glück weiß Papa Schlumpf Rat und Gegenmittel. Ende gut, alles gut.

Da ist nur ein Problem. Der Schlumpf ist schwarz und sein Sprachvermögen äußerst begrenzt. „Haps!“ ist das einzige, was er sagen kann. Höhepunkt der Geschichte: eine ganze Rotte fieser schwarzer Schlümpfe, die die blaue Zivilisation bedroht.

Ist das rassistisch? In den USA ist die Episode, von Schlumpf-Erfinder Peyo 1963 gezeichnet, noch nie erschienen, im Gegensatz zu vielen anderen. Der Kleinverlag Papercutz wird sie dort diesen Sommer veröffentlichen, erstmals in englischer Sprache überhaupt. Mit einer Änderung. Die bösen Schlümpf darin sind lila.

Nun sollte man nicht darüber debattieren, ob lila Schlümpfe bedrohlicher sind als schwarze. Aber was wiegt schwerer: der Eingriff in ein künstlerisches Werk, oder die Rücksichtnahme auf rassische Befindlichkeiten? In einem kulturellen Umfeld, in dem das Wort „Nigger“ zu den schlimmstmöglichen Beleidigungen gehört und die erstarkende Teaparty-Bewegung massiv Front macht gegen Präsident Obama, eine brennende Debatte.

Die einfache Erklärung: Pierre Culliford, wie der Schlümpfe-Erfinder mit richtigem Namen hiess, entstammte einer anderen Tradition, der des europäischen Kinderbuches. Dort wimmelte es von Mohren, in Deutschland etwa bei Wilhelm Busch und beim „Struwwelpeter“. Der Mohr war ein selbstverständliches Sujet für Kinder.

Allerdings sind Peyos „Schlumpf“-Geschichten nicht nur Kindergeschichten. Immer wieder enthalten die Comics Seitenhiebe gegen aktuelle Belange, verhandeln Themen wie Demokratie und Kapitalismus. Wie passen schwarze Schlümpe in diesen satirischen Rahmen?

Es ist nicht das erste Mal, dass die Schlümpfe politisch entschärft werden. Als die Produktionsfirma Hanna-Barbera ab 1981 für den amerikanischen Markt die „Schlümpfe“-Zeichentrickserie produzierte, wurde auch Peyos Geschichte von den Schwarzschlümpfen umgesetzt. Schon damals bekamen sie einen lila Anstrich verpasst, um sich keinen Ärger mit schwarzen Interessensgruppen einzuhandeln. Erst wenige Jahre zuvor hatte die Black-Power-Bewegung selbst Romane wie „Onkel Toms Hütte“ als rassistisch attackiert.

Hergé schickte seine Figuren Tim und Struppi 1930 nach Belgisch-Kongo, wobei er alle damaligen Klischees vom „dummen Schwarzen“ zelebrierte. Obwohl Hergé sich später für dieses Buch schämen sollte, liegt es in unveränderter Fassung auf dem amerikanischen Markt vor. Gleiches Recht für alle?

The Purple Smurfs. Papercutz, ab Ende August verfügbar. 56 Seiten in Farbe
Taschenbuch $5.99, ISBN: 978-1-59707-206-9
Hardcover $10.99, ISBN: 978-1-59707-207-6

Erschienen in der Welt.

One Response to “Die WELT: Als die Schlümpfe lila wurden …”

  1. Stefan Pannor » Blog Archive » Aktuelle Comicrezension (173): Die Schümpfe says:

    […] Als die Schlümpfe lila wurden […]