Comics ohne Sprechblasen sind häufiger als man auf den ersten Blick glaubt: Prinz Eisenherz, Mecki, das Mosaik zum Beispiel. Eine Reihe Petzi-Reprints und die „gesammelten Abenteuer“ von Fix und Fax bereichern den Kanon dieser eigenwilligen Unterart des Comic.

Trotz aller Kritik verdient gemacht um klassische Kinderliteratur – und damit auch um den klassischen Kindercomic – hat sich der Esslinger-Verlag, mit seiner laufenden Mecki-Edition, der beinahe abgeschlossenen Lurchi-Gesamtausgabe und seit jüngstem auch mit Petzi.

Selten wird Petzi hierzulande als das wahrgenommen, was es ist, ein Zeitungsstrip. Nicht zuletzt weil die Geschichten aus den Fünfzigerjahren in Deutschland vor allem als Kinderbücher verwertet wurden. In ihrer Heimat Dänemark erschienen die Reiseabenteuer des kleinen Bären zuerst in Fortsetzungen in Tageszeitungen.

Außerdem ist die Verwertung in Deutschland so komplex, dass sich rund um die Vielzahl Neuausgaben, Textbearbeitungen, gekürzter, umgestellter und sonstwie bearbeiteter Editionen des Kinderklassikers fast schon eine eigene Wissenschaft ergeben hat.

Etwas Ordnung ins Chaos bringt der Esslinger-Verlag durch die Veröffentlichung diverser querformatiger Bücher, die, wäre nicht der Schriftsatz neu gemacht, als Reprints der allerfrühesten deutschsprachigen Petzi-Ausgaben durchgehen könnten. Diese Bände sind, von den in deutscher Sprache erschienenen Ausgaben, die vollständigsten Petzi-Bücher. Spätere Ausgaben waren um Textzeilen, aber auch um ganze Bilder und Streifen gekürzt.

Zudem wird der Rhythmus des Strips bewahrt: jeweils drei Bilder produzierte das Autoren-/ Zeichner-Ehepaar Hansen als tägliche Episode mit einem sanften Cliffhanger für die Zeitung. Als Vorbilder können hier etwa die Micky Maus-Strips von Floyd Gottfredson gesehen werden, die ebenfalls oft umfangreiche Reiseabenteuer in einer vermenschlichten Tierwelt schilderten. Allerdings ist der Ton der Hansens in der Regel deutlich sanfter, ironischer, von milder Poesie.

Anders als bei Gottfredson, dessen Geschichten grade für Disney-Verhältnisse oft verblüffend ruppig waren, geraten Petzi und seine Begleiter so gut wie nie in nennenswerte Gefahren. Ihre Stärke beziehen die Geschichten aus der Obskurität des Geschilderten, den absonderlichen Reisewegen und -begleitern, nicht zuletzt der Vielzahl liebenswerter Details in den Zeichnungen.

Darüber hinaus allerdings waren für die Comics eher das klassische Kinderbuch und die europäische Tradition des Bilderbogens Vorbild, wie durch die strikte Trennung von Text und Bild offenbar wird. Der Text – kein Erzähltext, sondern die Dialoge der Figuren – findet sich durchgängig unter dem Bild. Sogar Soundwords sucht man vergeblich.

Es wäre allerdings Unfug, Petzi darum nicht zu den Comics zu zählen. Nicht nur Mecki und Lurchi funktionierten ebenso, sondern auch Klassiker wie Prinz Eisenherz (der heute noch so gestaltet wird) oder das Mosaik von Hannes Hegen.

Während diese Titel im Lauf der Jahrzehnte herausragende Kompletteditionen erfahren haben, wird eine solche Idee bei Petzi wohl Illusion bleiben. Von den bestehenden knapp 6.000 Originalstrips wurden bis heute nur rund zwei Drittel ins Deutsche übertragen (und das, obwohl sich die Serie seit Jahrzehnten verkauft).

Dass Esslinger nun die ersten deutschen Kinderbuch-Editionen nachdruckt, statt eine Gesamtausgabe wie bei Mecki anzugehen lässt vermuten, dass entsprechende Pläne auch dort nicht in der Schublade liegen. (Die Beschaffung möglicher Druckvorlagen dürfte ein entsprechendes Hindernis sein.)

Ganz anders dagegen beim Verlag Steinchen für Steinchen, wo man in der Tat inzwischen zu planen scheint, sämtliche Fix und Fax-Episoden von Jürgen Kieser als preiswerte Paperbacks nachzudrucken. Fünf von mutmaßlich zwölf Bänden liegen vor.

Bei Fix und Fax handelt es sich um jeweils drei Seiten lange Episoden, die im hinteren Teil des DDR-Comicmagazins Atze erschienen sind. Wie bei Petzi auch sind Text und Bild strikt getrennt. Allerdings ist hier der Erzähltext zudem gereimt.

Das klingt zuerst furchtbar altbacken. Zumal Jürgen Kieser die Comics von 1958 bis fast zum Ende der DDR gestaltete und die DDR, das muss man festhalten, in Punkto Comics ein eher rückständiges Land waren. Fast vollständig abgekoppelt von den Entwicklungen im Rest der Welt, erweisen sich die meisten DDR-Comics inzwischen als unlesbar.

Fix und Fax dagegen ist – abgesehen von dem etwas holprigen Start der frühen Episoden – kaum gealtert. Kieser, offenbar weitgehend befreit von den Zwängen der DDR-Zensur, schilderte in seinen Abenteuergeschichten um die zwei Mäuse eine Welt, die mit dem realsozialistischen Alltag nichts gemein hatte.

Ganz ungebremst konnten die zwei Privatdetektiv werden, in den Weltraum fliegen, durch die Zeit reisen, Kunstschmuggler jagen oder im U-Boot auf Weltreise gehen. Die Geschichten waren nicht nur eskapistisch, sondern in Maßen sogar subversiv: natürlich haben die Mäuse eine eigene Währung und es gibt private Kleinunternehmer.

Die Vielfalt der Sujets, in denen Kieser sich austobt, ist verblüffend. Zumal kaum Ermüdungserscheinungen auftraten: kurz bevor Kieser die Serie abgab, gestaltete er in einem über mehrere Jahre laufenden Handlungsbogen eine Robinsonade der Mäuse, die als einer der Höhepunkte der Serie gelten kann.

Zudem erwies sich Kieser nicht nur als hochbegabter Zeichner (bei drei Comicseiten im Monat blieb ihm allerdings auch genug Zeit dafür), sondern ebenso als begabter Erzähler. Die begleitenden Verse zeugen von einer Lust am Reim, der sie weit über die üblichen Knüttelverse für vergleichbare Kinderprodukte erhebt.

Heute ist, wenn es um DDR-Comics geht, vor allem vom Mosaik die Rede. In der Tat gibt es nicht viele nennenswerte Comicproduktionen ostdeutscher Herkunft, was seine Ursache im unseligen Zusammenspiel diktatorischer Kulturpolitik und deutscher Comicressentiments hat. Fix und Fax allerdings gehört fraglos zu den wenigen wirklich guten ostdeutschen Comics, auf einer Höhe mit dem Mosaik.

Petzi: Esslinger Verlag, 32 S. Im Querformat, 9,95 €, bis dato 2 Bde.
Fix & Fax: Steinchen für Steinchen, 100 S.; 9,95 €, bis dato 5 Bde.

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