Vor zwanzig Jahren erschien das erste „Lustige Taschenbuch“ nur mit Weihnachtsgeschichten. Inzwischen ist der jährliche Band Institution geworden. Begleitet wird er seit geraumer Zeit von einer zweiten Publikation: dem jährlichen Großband mit Weihnachtsgeschichten.

Weihnachten ist vermutlich das traditionsreichste deutsche Fest – eine ständige Wiederkehr des Gleichen zur Abwehr des unvermeidlichen Zeitverlaufs.

Wieviel Zeit dennoch vergeht, zeigt der (fast) jährliche Weihnachtssonderband des Lustigen Taschenbuchs, dessen zwanzigster heuer erschienen ist. Ich gehöre zu denen, die sich den Band von Anfang an gekauft haben – der erste erschien zu einer Zeit, als es noch außergewöhnlich war, neben dem Lustigen Taschenbuch andere ebensodicke Disney-Comics zu finden.

Inzwischen sind die Sonderpublikationen in diesem Bereich kaum mehr überschaubar. Es gibt Oster-, Sommer-, Ferien, Extra-, Spezial und Fußballausgaben. Der Weihnachtsband ist dennoch etwas Besonderes. Weil er der erste war und seit zwanzig Jahren dabei ist. Formulieren wir es anders: weil er Tradition ist.

Dabei hat auch diese Reihe einen Wandel durchlaufen. Das belegt die Neuauflage des ersten Bandes, immerhin im Hardcover. Aktuelle Bände werden vor allem mit Wintergeschichten gestopft, dem weihnachtlichen Namen werden sie nur teilweise gerecht.

Dieser frühe Band – und ein paar der folgenden – konnte dagegen noch voll aus dem Archiv schöpfen. Praktisch jede Geschichte, vor allem aber jede lange Erzählung, dreht sich um das titelgebende Thema.

Es sind häufig verblüffend burleske Erzählungen, die ihre italienische Herkunft selbst da nicht verstecken können, wo der Übersetzer es versucht: aus dem traditionellen italienischen Pannetone wird im Text einer Erzählung ein Stollen – auch wenn klar kein Stollen zu sehen ist. (Der Nachdruck nennt leider genausowenig wie die Erstauflage Namen der Autoren, Zeichner und Übersetzer.)

Würde man das heute anders lösen? Vermutlich. Der Band ist eben auch Dokument eines geänderten Zeitwandels, eines europäischen Zusammenwachsens. Und wollten wir es weniger verkopf betrachten, sind es einfach amüsante Weihnachtsgeschichten.

Allmählich zur Tradition wächst sich auch das großformatige Disney-Weihnachtsalbum aus, das im Gegensatz zum Taschenbuch von der Buchhandelsredaktion betreut wird. Der vierte oder fünfte Band liegt inzwischen vor.

Naturgemäß werden die Schwerpunkte anders gesetzt. Die großformatigen Erzählungen stammen traditionell eher aus den USA und Skandinavien. Der Herausgeber kann in einem bis zu siebzig Jahre umfassenden Archiv wildern und auf eine Vielzahl explizit für Weihnachten produzierter Geschichten zurückgreifen.

Zielgruppe ist sicher die gesetztere Leserschaft. Davon zeugt allein schon die Verwendung von fünf Übersetzungen von Erika Fuchs – mehr als von jedem anderen Übersetzer in diesem Band – ebenso wie das Auftauchen von Floyd Gottfredson und einem allgemeinen Schwerpunkt auf den amerikanischen Weihnachtspublikationen der Fünfzigerjahre.

Es sind die schlechtesten nicht. Verblüffend wenig wirkt angestaubt, tatsächlich wirkt einiges durch die hervorragende Aufbereitung und teilweise Neukolorierung überaus frisch – etwa die Zeichnungen des ansonsten schmählich unterschätzten Al Hubbard, von dem hier eine in der realistischen Anmutung sogar Barks noch übertreffende Kurzgeschichte enthalten ist.

Wo so aus dem Vollen zu schöpfen ist, ist es schwer, zu enttäuschen, und ergo enttäuscht der Band auch nicht (womöglich mit Ausnahme einer italienischen Kurzgeschichte über finnische Weihnacht, – ja, hatten die denn dafür keinen Finnen parat?). Das könnte ruhig zur Tradition werden.

Diverse: Lustiges Taschenbuch – Weihnachtsgeschichten – Hardcover
Egmont Comic Collection, 256 S.; € 9,99

Carl Barks, Floyd Gottfredson u.a.: Fröhliche Weihnachten
Egmont Comic Collection, 176 S.; € 24,99

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