+++ Bryan Lee O’Malley
Scott Pilgrim 1: Das Leben rockt +++

Manchmal trifft es einen wie ein Schlag. Auf Bryan O’Malley trifft das zu. Der kanadische Zeichner hatte bis 2004 ein paar von der Kritik wohlwollend aufgenommene, vom Publikum aber kaum beachtete eigene Comics und Auftragsarbeiten abgeliefert (u.a. „Lost at Sea“, dt. bei Modern Tales). Der Wechsel kam mit „Scott Pilgrim“, einem auf sechs Bände angelegten Projekt, das sich durch Mundpropaganda vom Independent-Hit zum veritablen Bestseller entwickelte, als Film lizensiert wurde und sich daraufhin noch besser verkaufte.

Und auf Scott Pilgrim.

Der 23jährige Held der Serie ist sowas wie der letzte Slacker, ein eher antriebslos und etwas realitätsfern durchs Leben gleitender Junge, der in seiner vielen Freizeit in einer Band spielt oder rumhängt. Bis (ja, solche Geschichten haben immer ein „bis“, sonst wären sie langweilig), bis er Ramona Flowers trifft, Amazon-Auslieferin mit Reenee-Frisur und auffallend klobigen Schuhen. Sie ist, im Wortsinn, das Mädchen seiner Träume und Liebe auf den ersten Blick.Leider auch eine Frau mit Vergangenheit. Um Ramona zu kriegen, muss Scott ihre sieben bösen Exfreunde bekämpfen, verflossene Liebschaften, die sich seit der Schulzeit angesammelt haben und die alles daran setzen, dass Ramona nicht mit Scott zusammen kommt.

Das ist dann „Dragon Ball meets Ghost World“ …

… eine ruppige Action-Geschichte im Gewand und Umfeld bisher eher melancholisch erzählter nordamerikanischer Independent-Titel, wortwitzlastige Screwball-Komödie und komplexe Liebesgeschichte (denn nicht nur Ramona hat eine Vergangenheit).

Der Reiz der Erzählung entsteht aus O’Malleys Vermengung der zwei eigentlich komplett gegensätzlichen Genres. Das kann er nämlich sehr gut. Mit viel Liebe zum Detail gestaltet O’Malley nicht nur die aberwitzigen Kampfszenen aus, sondern auch das soziale Umfeld von Scott, eine etwas seltsame, aber liebenswerte Mischung mindestens ebenso kauziger Außenseiter, Nerds, Randgruppenbesetzer, die Scott in allen Fällen beiseite stehen. Selbst wenn es angesichts der hitzigen, aberwitzigen Wortgefechte mitunter den Anschein hat, als ob sie sich gleich an die Gurgel gehen wollen.

Und so ist „Scott Pilgrim“ nicht nur ein wegen seiner Prämisse außergewöhnlicher Action-Comic, nicht nur eine süße Liebesgeschichte, nicht nur eine witzige Komödie, sondern zusätzlich auch noch ein Loblied auf die Freundschaft. Mehr kann ein Comic eigentlich kaum noch bieten. (stefan pannor)

Panini, 200 S.; € 12,90

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