Zum Winterende: drei Comics, in denen die Flocken nochmal schneemannsdick fallen.

Loisel & Tripp
Das Nest 8 – Die Frauen

Die beste laufende frankobelgische Serie ist gleichzeitig eine der am schlechtesten laufenden. Loisel, befreit von der Last seines detailüberbordenden Zeichenstils, brilliert hier als ironischer, entspannter Autor, der eine Kleinstadtgeschichte irgendwo zwischen „Ausgerechnet Alaska“ und den „Canterbury Tales“ spinnt.

Voller kleiner, versponnener, unsittlicher, traumhaft utopischer Momente, Figuren und Handlungsstränge. In den Zwanzigerjahren, im kanadischen Hinterland.

Alles, was geschieht, geschieht ein wenig nebeneinander her, auch in diesem, ganz im Winter spielenden Band. Die Gemeinde verhandelt mit dem Pfarrer, der keine Lust mehr aufs Predigen hat, über die Zahl der Gottesdienste. Marie, die Ladeninhaberin, ist schwanger und sagt nicht von wem. Die Frauen machen einen Ausflug in die große Stadt, um Dinge zu kaufen. Weihnachten kommt und geht.

Banal? Ja. Aber auch lustig, verträumt. Und weil man sich in einem Hundert-Seelen-Nest wie dem geschilderten nicht aus dem Weg gehen kann, haben alle Plots dann doch wieder miteinander zu tun.

Ein hinreißendes Soziogramm en miniature, lustig, tragisch, bis in jedes Detail sympathisch.

Carlsen, 64 S.; € 18,00

+ + + + +

Peter Tomasi/ Peter Snejbjerg
Light Brigade

Könnte bitte mal jemand Peter Snejbjerg den Ruhm zusprechen, den er verdient hat? Dann müsste er nicht mehr Comics wie diesen machen.

Snejbjerg hat in der Vergangenheit die zweite Hälfte vonJames Robinsons brillantem „Starman“-Run gezeichnet, außerdem wenigstens eine hinreißende Geschichte aus Gaimans „Sandman“-Universum. Auf Deutsch erschien zuletzt von ihm „A God Somewhere“ bei Panini Vertigo, eine bösartige kleine Abrechnung mit Religion und Superhelden. Er ist ein meister des reduzierten Strichs, auf einer Höhe mit Mike Mignola und Michael Allred. Nur fällt das scheinbar keinem auf.

„Light Brigade“ kann klar nur entstanden sein, um die Miete zu bezahlen: ein mehrhundertseitiges Gemetzel eines Trupps der Alliierten in den letzten tagen des zweiten Weltkriegs gegen Nazis und gefallene Engel. Am besten noch da, wo der Kriegsalltag der Privates geschildert wird. Unerträglich banal in der endlosen Auswälzung der esoterischen Flammenschwert-Schlachtszenen im verschneiten Kriegsdeutschland.

Peter Snejbjerg muss dringend entdeckt werden. Dieser Comic nicht.

Cross Cult, 208 S.; € 22,00

+ + + + +

Tim Seeley/ Mike Norton
Revival

Ein Comic wie ein Wiedergänger: der Plot um die von den Toten auferstandenen Nachbarn, Freunde, Verwandte erinnert überdeutlich an die französische Fernsehserie „Les Revenants“ („The Returned“, unter diesem Titel auch im deutschen TV). Die von familiären Problemen geplagte Kleinstadtpolizistin, die das folgende Chaos ordnen und diesen oder jenen Leichenfund klären soll, wirkt wie eine Reminiszenz an „The Leftovers“, im vergangenen Jahr unter Kritikererfolg für HBO verfilmt.

Das mag Zufall sein. Charakterisiert aber auch das Problem dieser Serie, die sich nicht entscheiden kann zwischen Soziogramm und Slashercomic, Kleinstadtdrama und Serienkillerkrimi.

Nichts ist originell. Nicht der Plot, nicht die Figuren, nicht deren Beziehungen unterienander. Was bleibt, sind Mike Nortons atmosphärische Zeichnungen einer Kleinstadt im Schnee, die den Plot in vorhersehbarer Weise runterrasseln.

Cross Cult, 128 S:; € 18,00

Comments are closed.