Da war doch noch was. Mindestens vierundzwanzig Texte, die schon längst in diesem Blog stehen sollten, aus diesem oder jenem Grund aber nicht hier landeten. Als kleiner Weihnachtskalender finden sie jetzt Verwendung. Heute: zwei gedruckte Blogs von Comiczeichnern.

Der derzeitige Aufschwung der Comicblogs, die vermehrt auch vom Feuilleton und Jurys wahrgenommen werden, hat einen ganz erstaunlichen Nebeneffekt: eigentlich für die Online-Veröffentlichung gedachte Comics erscheinen gedruckt. Zwei aktuelle Beispiele.

Zum einen Asja Wiegands Comic-Tagebuch „Gestern noch“. Im Rahmen der Vielzahl autobiographischer Comics ist es eine erfrischende Ausnahme. Weil Asja Wiegand in ihren quadratischen, meist aus vier Panels aufgebauten Strips mit Schilderungen aus ihrem Alltag gar nicht erst versucht, eine durchgängige Narration aufzubauen.

Inhalte und Folgerungen aus den Strips ergeben sich erst aus dem kontinuierlichen Verfolgen dieses Life-in-progress im Internet, und oft nicht einmal dann.

Immer wieder streut Wiegand rätselhafte Einzelseiten ein, seltsam ratlos machend und doch von überzeugender emotionaler Ausdruckskraft. Ungehindert von den Zwängen konventioneller Narration entwickelt Asja Wiegand hier in der Tat ein ehrliches, nicht auf Leser oder zwingend auf Pointe getrimmtes Comictagebuch.

Unter dem Titel ihres Blogs liegt inzwischen eine erste Auswahl aus diesen Strips vor, für die sie auf der Frankfurter Buchmesse den Sondermann-Preis als bester Newcomer erhalten hat. Erweitert wurde das schmale, aber faszinierende Bändchen um eine exklusive längere Episode, in der sie die Absurditäten eines Frankreich-Urlaubes erzählt.

Dem Inhalt nach deutlich konventioneller ist Ulf Salzmann, der unter dem Titel „Flausen“ bereits seit einigen Jahren Momentaufnahmen in Comicform online stellt. Bereits vor geraumer Zeit erschien mit „Angst“ ein erster Auswahlband um die gleichnamige Figur aus seinen Minicomics.

„Weimarer Flausen“ ist die zweite thematische Zusammenstellung von Salzmanns Strips. Sie sind, was der Titel verspricht, Kurzcomics um und aus Weimar, Salzmanns Heimatstadt. Es handelt sich um durchaus klassische Strips, die klar auf eine Pointe zulaufen. Jeder steht für sich allein, Fragen bleiben selten offen.

Beachtenswert ist Salzmanns auf den ersten Blick oft krakeliger Stil, der mit wenigen Details auskommt. Gerade in der Darstellung von typischen Weimarer Punkten vermittelt dieser Stil eine ganz eigene Poesie, die aus der immer ein wenig zittrigen Leichtigkeit des Strichs entsteht.

Man könnte auch sagen, dass kaum jemand so eindrucksvoll zu Krakeln vermag wie Ulf Salzmann. Das versöhnt mit der einen oder anderen nicht ganz so treffenden Pointe.

Gestern noch: Schwarzer Turm, 48 S s/w.; €9,95
Weimarer Flausen: Schwarzer Turm, 48 S. vf; € 12,00

Verwandte Texte:

  • Sondermann-Newcomer 2012: die Laudatio für Asja Wiegand
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    03 – Comic Noir
    04 – Habibi
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    08 – Frostfeuer
    09 – Zahra’s Paradise
    10 – Spirou
    11 – Johann & Pfiffikus
    12 – Kimba vs. Gon
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