Weil es so schön war, gleich noch eine Ladung Kurzrezensionen hinterher. Diesmal: eine Ekel-Orgie von Altmeister Jodorowsky, ein Beinahe-Best-of der „Micky Maus“ und ein wenig frisch gepökeltes Piratengarn.

Jodorowsky/ Fructus
Showman Killer

Jodorowsky ist ein Mysteriosum. Für seine in der Regel immer gleichen Plots – sexuell hyperpotenter, unbesiegbarer Kämpfer ohne Eltern oder mit inzestuösem Familienhintergrund macht alle platt, die ihm über den Weg laufen – findet er nicht nur Käufer, sondern regelmäßig auch herausragende Zeichner.

Nicolas Fructus reichert seine opulenten, semi-fotorealistischen Comicseiten mit Zitaten aus der Bilderwelt der russisch-orthodoxen Kirche an und schwelgt gerade in der zweiten Hälfte in einer Vielzahl weicher, einfühlsamer, gelegentlich skuriller Figurendesigns. Es ist zum Heulen, dass alles das im Rahmen eines Skriptes stattfindet, das offenbar nur dazu angelegt ist, dem Leser den Magen umzudrehen: gleich auf den ersten zwei Seiten wird ein Verbrecher mit der Kreissäge zweigeteilt, ihm Sperma viertelliterweise entnommen und eine tote Minderjährige damit befruchtet. (Das Ergebnis ist dann die Titelfigur des Bandes.)

So geht das dann immer weiter. Könnte mal jemand Jodorowsky sagen, dass kalkulierter Tabubruch schlicht öde ist? (Die andere Variante ist, dass Jodorowsky all das ernst meint. Wir wollen es nicht hoffen.)

Ehapa Comic Collection, 56 S.; @ 13,99

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    Diverse
    Micky Maus Jubiläumsalbum 1 – 3

    Das ist schon wesentlich erfreulicher. Drei überformatige, je hundert Seiten starke Alben mit „Micky Maus“-Episoden, chronologisch sortiert, mit dem Untertitel „das Beste“. Natürlich verwirrt es, wenn in einer „Best of“-Collection für die Jahre 1951 – 1971 (also dem ersten Band der drei) eine unveröffentlichte Episode ist.

    Wie kann eine Geschichte, die ein halbes Jahrhundert keiner Veröffentlichung wert war, zu den besten gehören? (Sie ist auch nur allenfalls mäßig: Goofy versucht sich als Eisverkäufer und natürlich geht alles schief.)

    Das hat natürlich damit zu tun, jene Hardcore-Sammler als Käufer anzusprechen, die tatsächlich alle „Micky Maus“-Hefte besitzen. Ob diese Strategie legitim ist, sei dahingestellt. Da das Gros der Leser vermutlich nicht alle knapp 2.600 „Micky Maus“-Hefte besitzt, dürften sich die meitsen darüber keinen Kopf machen.

    Was unterm Strich bleibt, ist eine durchaus unterhaltsame Mischung aus Enten- und Mäuse-Geschichten, die auch dank der zeitlichen Anordnung deutlich zeigt, wie sich die Comics verändert haben. Weg von langen zu kürzeren Geschichten, weg von starrem zu dynamischeren Seitenaufbau. Etwas vermisst werden die ganzen nicht dem Duck- und Maus-Clan zugehörigen Figuren wie Madame Mim und Strolchi. Das ist dann wohl hintenrum ein stillschweigendes Eingeständnis, dass diese jahrzehntelang publizierten Figuren nicht zum Besten des Heftes gehören.

    Ehapa, je 100 S.; je 9,95 €

  • Mehr zu Disney hier, hier, hier, hier, hier und hier (und an noch ein paar Stellen in diesem Blog).
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    Tristan Roulot/ Patrick Hénaff
    Das Testament des Captain Crown

    Und dann sind da natürlich noch Piraten. Das Genre ist seit „Fluch der Karibik“ deutlich im Aufwind, gerade im Comic, mit im Schnitt einer monatlichen Neuerscheinung, nachdem jahrelang – verzeihen Sie das Wortspiel – praktisch Flaute war.

    „Das Testament des Captain Crown“ gehört zu den angenehmeren dieser Novitäten, weil er sich so schön kurz fasst: in zwei Alben ist die Geschichte von den fünf merkwürdigen Nachkommen des Piraten erzählt, die sich auf die Suche nach Papas Schatz machen.

    Das ist weiss Gott nicht atemberaubend, und sowohl hinsichtlich Handlungsführung als auch Charakterisierung gab es in den letzten Monaten besseres. Aber es ist ein vergnüglicher schneller Reißer, mit ein paar schrägen Figuren und einem schönen Cliffhanger am Ende des ersten Bandes.

    Ehapa Comic Collection, 48 S.; € 13,99

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